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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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die Augen, wohl gar um hervorbrechenden Thränen zu steuern. Endlich ergriff er das Kästchen, das ihm die Scudery darbot, ließ sich auf ein Knie langsam nieder und sprach: Euch, edles, würdiges Fräulein! hat das Verhängniß diesen Schmuck bestimmt. Ja, nun weiß ich es erst, daß ich während der Arbeit an Euch dachte, ja für Euch arbeitete. Verschmäht es nicht, diesen Schmuck als das Beste, was ich wohl seit langer Zeit gemacht, von mir anzunehmen und zu tragen. Ei, ei, erwiderte die Scudery anmuthig scherzend, wo denkt Ihr hin, Meister Rene? steht es mir denn an, in meinen Jahren mich noch so herauszuputzen mit blanken Steinen? Und wie kommt Ihr denn dazu, mich so überreich zu beschenken? Geht, geht, Meister Rene, wär' ich schön wie die Marquise de Fontange, und reich, in der That, ich ließe den Schmuck nicht aus den Händen, aber was soll diesen welken Armen die eitle Pracht, was soll diesem verhüllten Hals der glänzende Putz? Cardillac hatte sich indessen erhoben und sprach, wie außer sich, mit verwildertem Blick, indem er fortwährend das Kästchen der Scudery hinhielt: Thut mir die Barmherzigkeit, Fräulein, und nehmt den Schmuck. Ihr glaubt es nicht, welche tiefe Verehrung ich für Eure Tugend, für Eure hohen Verdienste im Herzen trage! Nehmt doch mein geringes Geschenk nur für das Bestreben an. Euch recht meine innerste Gesinnung zu beweisen. -- Als nun die Scudery immer noch zögerte, nahm die Maintenon das Kästchen aus Cardillac's Händen, sprechend: Nun beim

die Augen, wohl gar um hervorbrechenden Thränen zu steuern. Endlich ergriff er das Kästchen, das ihm die Scudery darbot, ließ sich auf ein Knie langsam nieder und sprach: Euch, edles, würdiges Fräulein! hat das Verhängniß diesen Schmuck bestimmt. Ja, nun weiß ich es erst, daß ich während der Arbeit an Euch dachte, ja für Euch arbeitete. Verschmäht es nicht, diesen Schmuck als das Beste, was ich wohl seit langer Zeit gemacht, von mir anzunehmen und zu tragen. Ei, ei, erwiderte die Scudery anmuthig scherzend, wo denkt Ihr hin, Meister René? steht es mir denn an, in meinen Jahren mich noch so herauszuputzen mit blanken Steinen? Und wie kommt Ihr denn dazu, mich so überreich zu beschenken? Geht, geht, Meister René, wär' ich schön wie die Marquise de Fontange, und reich, in der That, ich ließe den Schmuck nicht aus den Händen, aber was soll diesen welken Armen die eitle Pracht, was soll diesem verhüllten Hals der glänzende Putz? Cardillac hatte sich indessen erhoben und sprach, wie außer sich, mit verwildertem Blick, indem er fortwährend das Kästchen der Scudery hinhielt: Thut mir die Barmherzigkeit, Fräulein, und nehmt den Schmuck. Ihr glaubt es nicht, welche tiefe Verehrung ich für Eure Tugend, für Eure hohen Verdienste im Herzen trage! Nehmt doch mein geringes Geschenk nur für das Bestreben an. Euch recht meine innerste Gesinnung zu beweisen. — Als nun die Scudery immer noch zögerte, nahm die Maintenon das Kästchen aus Cardillac's Händen, sprechend: Nun beim

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[0044] die Augen, wohl gar um hervorbrechenden Thränen zu steuern. Endlich ergriff er das Kästchen, das ihm die Scudery darbot, ließ sich auf ein Knie langsam nieder und sprach: Euch, edles, würdiges Fräulein! hat das Verhängniß diesen Schmuck bestimmt. Ja, nun weiß ich es erst, daß ich während der Arbeit an Euch dachte, ja für Euch arbeitete. Verschmäht es nicht, diesen Schmuck als das Beste, was ich wohl seit langer Zeit gemacht, von mir anzunehmen und zu tragen. Ei, ei, erwiderte die Scudery anmuthig scherzend, wo denkt Ihr hin, Meister René? steht es mir denn an, in meinen Jahren mich noch so herauszuputzen mit blanken Steinen? Und wie kommt Ihr denn dazu, mich so überreich zu beschenken? Geht, geht, Meister René, wär' ich schön wie die Marquise de Fontange, und reich, in der That, ich ließe den Schmuck nicht aus den Händen, aber was soll diesen welken Armen die eitle Pracht, was soll diesem verhüllten Hals der glänzende Putz? Cardillac hatte sich indessen erhoben und sprach, wie außer sich, mit verwildertem Blick, indem er fortwährend das Kästchen der Scudery hinhielt: Thut mir die Barmherzigkeit, Fräulein, und nehmt den Schmuck. Ihr glaubt es nicht, welche tiefe Verehrung ich für Eure Tugend, für Eure hohen Verdienste im Herzen trage! Nehmt doch mein geringes Geschenk nur für das Bestreben an. Euch recht meine innerste Gesinnung zu beweisen. — Als nun die Scudery immer noch zögerte, nahm die Maintenon das Kästchen aus Cardillac's Händen, sprechend: Nun beim

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:42:57Z)

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/44>, abgerufen am 23.11.2024.