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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ich, hat einen leisen Schlaf, die wird's wohl hören, wenn ich leise und säuberlich anpoche an die Hausthüre, und mich hineinlassen. Da kommt mir eine starke Patrouille entgegen, Reiter, Fußvolk bis an die Zähne bewaffnet, und hält mich an und will mich nicht fortlassen. Aber zum Glück ist Desgrais dabei, der Marechaussee-Lieutenant, der mich recht gut kennt; der spricht, als sie mir die Laterne unter die Nase halten: Ei Baptiste, wo kommst du her des Wegs in der Nacht? Du mußt fein im Hause bleiben und es hüten. Hier ist es nicht geheuer, wir denken noch in dieser Nacht einen guten Fang zu machen. Ihr glaubt gar nicht, Frau Martiniere, wie mir diese Worte aufs Herz fielen. Und nun trete ich auf die Schwelle, da stürzt ein verhüllter Mensch aus dem Hause, das blanke Stilet in der Faust, und rennt mich um und um -- das Haus ist offen, die Schlüssel stecken im Schlosse -- sagt, was hat das Alles zu bedeuten? -- Die Martiniere, von ihrer Todesangst befreit, erzählte, wie sich Alles begeben. Beide, sie und Baptiste, gingen in den Hausflur, sie fanden den Leuchter auf dem Boden, wo der fremde Mensch ihn im Entfliehen hingeworfen. Es ist nur zu gewiß, sprach Baptiste, daß unser Fräulein beraubt und wohl gar ermordet werden sollte. Der Mensch wußte, wie ihr erzählt, daß Ihr allein war't mit dem Fräulein, ja sogar, daß sie noch wachte bei ihren Schriften; gewiß war es einer von den verfluchten Gaunern und Spitzbuben, die bis ins Innere der Häuser dringen, Alles listig auskund-

ich, hat einen leisen Schlaf, die wird's wohl hören, wenn ich leise und säuberlich anpoche an die Hausthüre, und mich hineinlassen. Da kommt mir eine starke Patrouille entgegen, Reiter, Fußvolk bis an die Zähne bewaffnet, und hält mich an und will mich nicht fortlassen. Aber zum Glück ist Desgrais dabei, der Marechaussee-Lieutenant, der mich recht gut kennt; der spricht, als sie mir die Laterne unter die Nase halten: Ei Baptiste, wo kommst du her des Wegs in der Nacht? Du mußt fein im Hause bleiben und es hüten. Hier ist es nicht geheuer, wir denken noch in dieser Nacht einen guten Fang zu machen. Ihr glaubt gar nicht, Frau Martiniere, wie mir diese Worte aufs Herz fielen. Und nun trete ich auf die Schwelle, da stürzt ein verhüllter Mensch aus dem Hause, das blanke Stilet in der Faust, und rennt mich um und um — das Haus ist offen, die Schlüssel stecken im Schlosse — sagt, was hat das Alles zu bedeuten? — Die Martiniere, von ihrer Todesangst befreit, erzählte, wie sich Alles begeben. Beide, sie und Baptiste, gingen in den Hausflur, sie fanden den Leuchter auf dem Boden, wo der fremde Mensch ihn im Entfliehen hingeworfen. Es ist nur zu gewiß, sprach Baptiste, daß unser Fräulein beraubt und wohl gar ermordet werden sollte. Der Mensch wußte, wie ihr erzählt, daß Ihr allein war't mit dem Fräulein, ja sogar, daß sie noch wachte bei ihren Schriften; gewiß war es einer von den verfluchten Gaunern und Spitzbuben, die bis ins Innere der Häuser dringen, Alles listig auskund-

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[0017] ich, hat einen leisen Schlaf, die wird's wohl hören, wenn ich leise und säuberlich anpoche an die Hausthüre, und mich hineinlassen. Da kommt mir eine starke Patrouille entgegen, Reiter, Fußvolk bis an die Zähne bewaffnet, und hält mich an und will mich nicht fortlassen. Aber zum Glück ist Desgrais dabei, der Marechaussee-Lieutenant, der mich recht gut kennt; der spricht, als sie mir die Laterne unter die Nase halten: Ei Baptiste, wo kommst du her des Wegs in der Nacht? Du mußt fein im Hause bleiben und es hüten. Hier ist es nicht geheuer, wir denken noch in dieser Nacht einen guten Fang zu machen. Ihr glaubt gar nicht, Frau Martiniere, wie mir diese Worte aufs Herz fielen. Und nun trete ich auf die Schwelle, da stürzt ein verhüllter Mensch aus dem Hause, das blanke Stilet in der Faust, und rennt mich um und um — das Haus ist offen, die Schlüssel stecken im Schlosse — sagt, was hat das Alles zu bedeuten? — Die Martiniere, von ihrer Todesangst befreit, erzählte, wie sich Alles begeben. Beide, sie und Baptiste, gingen in den Hausflur, sie fanden den Leuchter auf dem Boden, wo der fremde Mensch ihn im Entfliehen hingeworfen. Es ist nur zu gewiß, sprach Baptiste, daß unser Fräulein beraubt und wohl gar ermordet werden sollte. Der Mensch wußte, wie ihr erzählt, daß Ihr allein war't mit dem Fräulein, ja sogar, daß sie noch wachte bei ihren Schriften; gewiß war es einer von den verfluchten Gaunern und Spitzbuben, die bis ins Innere der Häuser dringen, Alles listig auskund-

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/17>, abgerufen am 29.03.2024.