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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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warf die Thüre ihres Gemachs, die sie offen gelassen, schnell zu, trat vor dieselbe und sprach stark und fest: In der That, Euer tolles Betragen hier im Hause paßt schlecht zu Euern kläglichen Worten da draußen, die, wie ich nun wohl merke, mein Mitleiden sehr zu unrechter Zeit erweckt haben. Mein Fräulein sollt und werdet Ihr jetzt nicht sprechen. Habt Ihr nichts Böses im Sinn, dürft Ihr den Tag nicht scheuen, so kommt morgen wieder und bringt Eure Sache an! -- jetzt schert Euch aus dem Hause! -- Der Mensch stieß einen dumpfen Seufzer aus, blickte die Martiniere starr an mit entsetzlichem Blick und griff nach dem Stilet. Die Martiniere befahl im Stillen ihre Seele dem Herrrn, doch blieb sie standhaft und sah dem Menschen keck ins Auge, indem sie sich fester an die Thüre des Gemachs drückte, durch welches der Mensch gehen mußte, um zu dem Fräulein zu gelangen. -- Laßt mich zu Euerm Fräulein, sage ich Euch, rief der Mensch nochmals. -- Thut was Ihr wollt, erwiderte die Martiniere, ich weiche nicht von diesem Platz, vollendet nur die böse That, die Ihr begonnen, auch Ihr werdet den schmachvollen Tod finden auf dem Greveplatz, wie Eure verruchten Spießgesellen. -- Ha, schrie der Mensch auf, Ihr habt Recht, la Martiniere! ich sehe aus, ich bin bewaffnet wie ein verruchter Räuber und Mörder, aber meine Spießgesellen sind nicht gerichtet, sind nicht gerichtet! -- Und damit zog er, giftige Blicke schießend auf die zum Tode geängstete Frau, das Stilet heraus. Jesus! rief sie, den Todesstoß erwartend, aber in

warf die Thüre ihres Gemachs, die sie offen gelassen, schnell zu, trat vor dieselbe und sprach stark und fest: In der That, Euer tolles Betragen hier im Hause paßt schlecht zu Euern kläglichen Worten da draußen, die, wie ich nun wohl merke, mein Mitleiden sehr zu unrechter Zeit erweckt haben. Mein Fräulein sollt und werdet Ihr jetzt nicht sprechen. Habt Ihr nichts Böses im Sinn, dürft Ihr den Tag nicht scheuen, so kommt morgen wieder und bringt Eure Sache an! — jetzt schert Euch aus dem Hause! — Der Mensch stieß einen dumpfen Seufzer aus, blickte die Martiniere starr an mit entsetzlichem Blick und griff nach dem Stilet. Die Martiniere befahl im Stillen ihre Seele dem Herrrn, doch blieb sie standhaft und sah dem Menschen keck ins Auge, indem sie sich fester an die Thüre des Gemachs drückte, durch welches der Mensch gehen mußte, um zu dem Fräulein zu gelangen. — Laßt mich zu Euerm Fräulein, sage ich Euch, rief der Mensch nochmals. — Thut was Ihr wollt, erwiderte die Martiniere, ich weiche nicht von diesem Platz, vollendet nur die böse That, die Ihr begonnen, auch Ihr werdet den schmachvollen Tod finden auf dem Greveplatz, wie Eure verruchten Spießgesellen. — Ha, schrie der Mensch auf, Ihr habt Recht, la Martiniere! ich sehe aus, ich bin bewaffnet wie ein verruchter Räuber und Mörder, aber meine Spießgesellen sind nicht gerichtet, sind nicht gerichtet! — Und damit zog er, giftige Blicke schießend auf die zum Tode geängstete Frau, das Stilet heraus. Jesus! rief sie, den Todesstoß erwartend, aber in

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:42:57Z)

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/15>, abgerufen am 28.03.2024.