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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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In der Straße St. Honore war das kleine Haus gelegen, welches Magdalene von Scudery, bekannt durch ihre anmuthigen Verse, durch die Gunst Ludwig des XIV. und der Maintenon, bewohnte.

Spät um Mitternacht -- es mochte im Herbste des Jahres 1680 sein -- wurde an dieses Haus hart und heftig angeschlagen, daß es im ganzen Flur laut wiederhallte. -- Baptiste, der in des Fräuleins kleinem Haushalt Koch, Bedienten und Thürsteher zugleich vorstellte, war mit Erlaubniß seiner Herrschaft über Land gegangen zur Hochzeit seiner Schwester, und so kam es, daß die Martiniere, des Fräuleins Kammerfrau, allein im Hause noch wachte. Sie hörte die wiederholten Schläge, es fiel ihr ein, daß Baptiste fortgegangen und sie mit dem Fräulein ohne weiteren Schutz im Hause geblieben sei; aller Frevel von Einbruch, Diebstahl und Mord, wie er jemals in Paris verübt worden, kam ihr in den Sinn, es wurde ihr gewiß, daß irgend ein Haufen Meuter, von der Einsamkeit des Hauses unterrichtet, da draußen tobe und eingelassen ein böses Vorhaben gegen die Herrschaft ausführen wolle, und so blieb sie in ihrem Zimmer zitternd und zagend und den Baptiste verwünschend

In der Straße St. Honoré war das kleine Haus gelegen, welches Magdalene von Scudery, bekannt durch ihre anmuthigen Verse, durch die Gunst Ludwig des XIV. und der Maintenon, bewohnte.

Spät um Mitternacht — es mochte im Herbste des Jahres 1680 sein — wurde an dieses Haus hart und heftig angeschlagen, daß es im ganzen Flur laut wiederhallte. — Baptiste, der in des Fräuleins kleinem Haushalt Koch, Bedienten und Thürsteher zugleich vorstellte, war mit Erlaubniß seiner Herrschaft über Land gegangen zur Hochzeit seiner Schwester, und so kam es, daß die Martiniere, des Fräuleins Kammerfrau, allein im Hause noch wachte. Sie hörte die wiederholten Schläge, es fiel ihr ein, daß Baptiste fortgegangen und sie mit dem Fräulein ohne weiteren Schutz im Hause geblieben sei; aller Frevel von Einbruch, Diebstahl und Mord, wie er jemals in Paris verübt worden, kam ihr in den Sinn, es wurde ihr gewiß, daß irgend ein Haufen Meuter, von der Einsamkeit des Hauses unterrichtet, da draußen tobe und eingelassen ein böses Vorhaben gegen die Herrschaft ausführen wolle, und so blieb sie in ihrem Zimmer zitternd und zagend und den Baptiste verwünschend

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[0011] In der Straße St. Honoré war das kleine Haus gelegen, welches Magdalene von Scudery, bekannt durch ihre anmuthigen Verse, durch die Gunst Ludwig des XIV. und der Maintenon, bewohnte. Spät um Mitternacht — es mochte im Herbste des Jahres 1680 sein — wurde an dieses Haus hart und heftig angeschlagen, daß es im ganzen Flur laut wiederhallte. — Baptiste, der in des Fräuleins kleinem Haushalt Koch, Bedienten und Thürsteher zugleich vorstellte, war mit Erlaubniß seiner Herrschaft über Land gegangen zur Hochzeit seiner Schwester, und so kam es, daß die Martiniere, des Fräuleins Kammerfrau, allein im Hause noch wachte. Sie hörte die wiederholten Schläge, es fiel ihr ein, daß Baptiste fortgegangen und sie mit dem Fräulein ohne weiteren Schutz im Hause geblieben sei; aller Frevel von Einbruch, Diebstahl und Mord, wie er jemals in Paris verübt worden, kam ihr in den Sinn, es wurde ihr gewiß, daß irgend ein Haufen Meuter, von der Einsamkeit des Hauses unterrichtet, da draußen tobe und eingelassen ein böses Vorhaben gegen die Herrschaft ausführen wolle, und so blieb sie in ihrem Zimmer zitternd und zagend und den Baptiste verwünschend

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:42:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:42:57Z)

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/11>, abgerufen am 29.03.2024.