Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

Pokale und fröhliche Jägerlieder, hier die Tritte
der nach gellender Musik Tanzenden, überall lautes
Jauchzen und Gelächter, und so glich vier bis sechs
Wochen hindurch das Schloß mehr einer prächtigen,
an vielbefahrner Landstraße liegenden Herberge,
als der Wohnung des Gutsherrn. Freiherr Ro¬
derich widmete diese Zeit, so gut es sich nur thun
ließ, ernstem Geschäfte, indem er, zurückgezogen
aus dem Strudel der Gäste, die Pflichten des
Majoratsherrn erfüllte. Nicht allein, daß er sich
vollständige Rechnung der Einkünfte legen ließ, so
hörte er auch jeden Vorschlag irgend einer Verbesse¬
rung, so wie die kleinste Beschwerde seiner Unter¬
thanen an, und suchte alles zu ordnen, jedem Un¬
rechten oder Unbilligen zu steuern, wie er es nur
vermochte. In diesen Geschäften stand ihm der
alte Advokat V., von Vater auf Sohn vererbter
Geschäftsträger des R..schen Hauses und Justi¬
tiarius der in P. liegenden Güter, redlich bei,
und V. pflegte daher schon acht Tage vor der be¬
stimmten Ankunft des Freiherrn nach dem Majo¬

rats¬

Pokale und froͤhliche Jaͤgerlieder, hier die Tritte
der nach gellender Muſik Tanzenden, uͤberall lautes
Jauchzen und Gelaͤchter, und ſo glich vier bis ſechs
Wochen hindurch das Schloß mehr einer praͤchtigen,
an vielbefahrner Landſtraße liegenden Herberge,
als der Wohnung des Gutsherrn. Freiherr Ro¬
derich widmete dieſe Zeit, ſo gut es ſich nur thun
ließ, ernſtem Geſchaͤfte, indem er, zuruͤckgezogen
aus dem Strudel der Gaͤſte, die Pflichten des
Majoratsherrn erfuͤllte. Nicht allein, daß er ſich
vollſtaͤndige Rechnung der Einkuͤnfte legen ließ, ſo
hoͤrte er auch jeden Vorſchlag irgend einer Verbeſſe¬
rung, ſo wie die kleinſte Beſchwerde ſeiner Unter¬
thanen an, und ſuchte alles zu ordnen, jedem Un¬
rechten oder Unbilligen zu ſteuern, wie er es nur
vermochte. In dieſen Geſchaͤften ſtand ihm der
alte Advokat V., von Vater auf Sohn vererbter
Geſchaͤftstraͤger des R..ſchen Hauſes und Juſti¬
tiarius der in P. liegenden Guͤter, redlich bei,
und V. pflegte daher ſchon acht Tage vor der be¬
ſtimmten Ankunft des Freiherrn nach dem Majo¬

rats¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0088" n="80"/>
Pokale und fro&#x0364;hliche Ja&#x0364;gerlieder, hier die Tritte<lb/>
der nach gellender Mu&#x017F;ik Tanzenden, u&#x0364;berall lautes<lb/>
Jauchzen und Gela&#x0364;chter, und &#x017F;o glich vier bis &#x017F;echs<lb/>
Wochen hindurch das Schloß mehr einer pra&#x0364;chtigen,<lb/>
an vielbefahrner Land&#x017F;traße liegenden Herberge,<lb/>
als der Wohnung des Gutsherrn. Freiherr Ro¬<lb/>
derich widmete die&#x017F;e Zeit, &#x017F;o gut es &#x017F;ich nur thun<lb/>
ließ, ern&#x017F;tem Ge&#x017F;cha&#x0364;fte, indem er, zuru&#x0364;ckgezogen<lb/>
aus dem Strudel der Ga&#x0364;&#x017F;te, die Pflichten des<lb/>
Majoratsherrn erfu&#x0364;llte. Nicht allein, daß er &#x017F;ich<lb/>
voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Rechnung der Einku&#x0364;nfte legen ließ, &#x017F;o<lb/>
ho&#x0364;rte er auch jeden Vor&#x017F;chlag irgend einer Verbe&#x017F;&#x017F;<lb/>
rung, &#x017F;o wie die klein&#x017F;te Be&#x017F;chwerde &#x017F;einer Unter¬<lb/>
thanen an, und &#x017F;uchte alles zu ordnen, jedem Un¬<lb/>
rechten oder Unbilligen zu &#x017F;teuern, wie er es nur<lb/>
vermochte. In die&#x017F;en Ge&#x017F;cha&#x0364;ften &#x017F;tand ihm der<lb/>
alte Advokat V., von Vater auf Sohn vererbter<lb/>
Ge&#x017F;cha&#x0364;ftstra&#x0364;ger des R..&#x017F;chen Hau&#x017F;es und Ju&#x017F;ti¬<lb/>
tiarius der in P. liegenden Gu&#x0364;ter, redlich bei,<lb/>
und V. pflegte daher &#x017F;chon acht Tage vor der be¬<lb/>
&#x017F;timmten Ankunft des Freiherrn nach dem Majo¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rats¬<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0088] Pokale und froͤhliche Jaͤgerlieder, hier die Tritte der nach gellender Muſik Tanzenden, uͤberall lautes Jauchzen und Gelaͤchter, und ſo glich vier bis ſechs Wochen hindurch das Schloß mehr einer praͤchtigen, an vielbefahrner Landſtraße liegenden Herberge, als der Wohnung des Gutsherrn. Freiherr Ro¬ derich widmete dieſe Zeit, ſo gut es ſich nur thun ließ, ernſtem Geſchaͤfte, indem er, zuruͤckgezogen aus dem Strudel der Gaͤſte, die Pflichten des Majoratsherrn erfuͤllte. Nicht allein, daß er ſich vollſtaͤndige Rechnung der Einkuͤnfte legen ließ, ſo hoͤrte er auch jeden Vorſchlag irgend einer Verbeſſe¬ rung, ſo wie die kleinſte Beſchwerde ſeiner Unter¬ thanen an, und ſuchte alles zu ordnen, jedem Un¬ rechten oder Unbilligen zu ſteuern, wie er es nur vermochte. In dieſen Geſchaͤften ſtand ihm der alte Advokat V., von Vater auf Sohn vererbter Geſchaͤftstraͤger des R..ſchen Hauſes und Juſti¬ tiarius der in P. liegenden Guͤter, redlich bei, und V. pflegte daher ſchon acht Tage vor der be¬ ſtimmten Ankunft des Freiherrn nach dem Majo¬ rats¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/88
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/88>, abgerufen am 24.11.2024.