reichen Porzellan; dann ergriff Reutlinger eine Geige und führte mit Geschicklichkeit und Kraft eine Sonate von Corelli aus, wozu ihn der General Rixendorf auf dem Flügel begleitete, dann bewähr¬ te sich der goldstoffne Harscher als Meister auf der Theorbe. Hierauf begann die geheime Räthin Foerd eine große italienische Szene von Anfossi mit seltenem Ausdruck. Die Stimme war alt, tremu¬ lirend und ungleich, aber noch wurde alles dieses durch die ihr eigne Meisterschaft des Gesanges be¬ siegt. In Reutlingers verklärtem Blick glänzte das Entzücken längst vergangener Jugend. Das Adagio war geendet, Rixendorf begann das Alle¬ gro, als plötzlich die Thür des Saals aufgerissen wurde und ein junger wohlgekleideter Mensch, von hübschem Ansehen, ganz erhitzt und athemlos hin¬ ein und zu Rixendorfs Füßen stürzte. "O Herr General! -- Sie haben mich gerettet -- Sie al¬ lein -- Es ist alles gut -- Alles gut! O mein Gott, wie soll ich Ihnen denn danken." So schrie der junge Mensch wie außer sich, der General schien verlegen, er hob den jungen Menschen sanft auf,
reichen Porzellan; dann ergriff Reutlinger eine Geige und fuͤhrte mit Geſchicklichkeit und Kraft eine Sonate von Corelli aus, wozu ihn der General Rixendorf auf dem Fluͤgel begleitete, dann bewaͤhr¬ te ſich der goldſtoffne Harſcher als Meiſter auf der Theorbe. Hierauf begann die geheime Raͤthin Foerd eine große italieniſche Szene von Anfoſſi mit ſeltenem Ausdruck. Die Stimme war alt, tremu¬ lirend und ungleich, aber noch wurde alles dieſes durch die ihr eigne Meiſterſchaft des Geſanges be¬ ſiegt. In Reutlingers verklaͤrtem Blick glaͤnzte das Entzuͤcken laͤngſt vergangener Jugend. Das Adagio war geendet, Rixendorf begann das Alle¬ gro, als ploͤtzlich die Thuͤr des Saals aufgeriſſen wurde und ein junger wohlgekleideter Menſch, von huͤbſchem Anſehen, ganz erhitzt und athemlos hin¬ ein und zu Rixendorfs Fuͤßen ſtuͤrzte. „O Herr General! — Sie haben mich gerettet — Sie al¬ lein — Es iſt alles gut — Alles gut! O mein Gott, wie ſoll ich Ihnen denn danken.“ So ſchrie der junge Menſch wie außer ſich, der General ſchien verlegen, er hob den jungen Menſchen ſanft auf,
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reichen Porzellan; dann ergriff Reutlinger eine
Geige und fuͤhrte mit Geſchicklichkeit und Kraft eine
Sonate von Corelli aus, wozu ihn der General
Rixendorf auf dem Fluͤgel begleitete, dann bewaͤhr¬
te ſich der goldſtoffne Harſcher als Meiſter auf der
Theorbe. Hierauf begann die geheime Raͤthin
Foerd eine große italieniſche Szene von Anfoſſi mit
ſeltenem Ausdruck. Die Stimme war alt, tremu¬
lirend und ungleich, aber noch wurde alles dieſes
durch die ihr eigne Meiſterſchaft des Geſanges be¬
ſiegt. In Reutlingers verklaͤrtem Blick glaͤnzte
das Entzuͤcken laͤngſt vergangener Jugend. Das
Adagio war geendet, Rixendorf begann das Alle¬
gro, als ploͤtzlich die Thuͤr des Saals aufgeriſſen
wurde und ein junger wohlgekleideter Menſch, von
huͤbſchem Anſehen, ganz erhitzt und athemlos hin¬
ein und zu Rixendorfs Fuͤßen ſtuͤrzte. „O Herr
General! — Sie haben mich gerettet — Sie al¬
lein — Es iſt alles gut — Alles gut! O mein
Gott, wie ſoll ich Ihnen denn danken.“ So ſchrie
der junge Menſch wie außer ſich, der General ſchien
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/357>, abgerufen am 23.11.2024.
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