Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

von dem Bösewicht." "Und dieser Wink des Schick¬
sals war gewiß einer ihrer bösen Träume." So
sprach die alte Dame, doch der alte Herr fuhr fort:
"Hören Sie, urtheilen Sie Julie! -- Sie wissen,
daß meines Bruders Teufelei mir den härtesten
Stoß gab, den ich erlitten -- es sey denn, daß --
doch still davon. Mag es seyn, daß ich der Seelen¬
krankheit, die mich befallen, den Gedanken zuschrei¬
ben muß, mir in diesem Wäldchen eine Grabstätte
für mein Herz bereiten zu lassen. Genug, es ge¬
schah! -- Das Wäldchen war in Herzform ange¬
pflanzt, der Pavillon erbaut, die Arbeiter beschäf¬
tigten sich mit der Marmortäfelung des Fußbodens.
Ich trete hinan, um nach dem Werk zu sehen. Da
bemerke ich, daß in einiger Entfernung der Knabe,
so wie ich, Max geheißen, etwas hin und herkugelt
unter allerlei tollen Bockssprüngen und lautem Ge¬
lächter. Eine finstere Ahnung geht durch meine
Seele! -- Ich gehe los auf den Knaben und er¬
starre, als ich sehe, daß es der rothe herzförmig aus¬
gearbeite Stein ist, der zum Einlegen in dem Pavil¬

von dem Boͤſewicht.“ „Und dieſer Wink des Schick¬
ſals war gewiß einer ihrer boͤſen Traͤume.“ So
ſprach die alte Dame, doch der alte Herr fuhr fort:
„Hoͤren Sie, urtheilen Sie Julie! — Sie wiſſen,
daß meines Bruders Teufelei mir den haͤrteſten
Stoß gab, den ich erlitten — es ſey denn, daß —
doch ſtill davon. Mag es ſeyn, daß ich der Seelen¬
krankheit, die mich befallen, den Gedanken zuſchrei¬
ben muß, mir in dieſem Waͤldchen eine Grabſtaͤtte
fuͤr mein Herz bereiten zu laſſen. Genug, es ge¬
ſchah! — Das Waͤldchen war in Herzform ange¬
pflanzt, der Pavillon erbaut, die Arbeiter beſchaͤf¬
tigten ſich mit der Marmortaͤfelung des Fußbodens.
Ich trete hinan, um nach dem Werk zu ſehen. Da
bemerke ich, daß in einiger Entfernung der Knabe,
ſo wie ich, Max geheißen, etwas hin und herkugelt
unter allerlei tollen Bocksſpruͤngen und lautem Ge¬
laͤchter. Eine finſtere Ahnung geht durch meine
Seele! — Ich gehe los auf den Knaben und er¬
ſtarre, als ich ſehe, daß es der rothe herzfoͤrmig aus¬
gearbeite Stein iſt, der zum Einlegen in dem Pavil¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0341" n="333"/>
von dem Bo&#x0364;&#x017F;ewicht.&#x201C; &#x201E;Und die&#x017F;er Wink des Schick¬<lb/>
&#x017F;als war gewiß einer ihrer bo&#x0364;&#x017F;en Tra&#x0364;ume.&#x201C; So<lb/>
&#x017F;prach die alte Dame, doch der alte Herr fuhr fort:<lb/>
&#x201E;Ho&#x0364;ren Sie, urtheilen Sie Julie! &#x2014; Sie wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß meines Bruders Teufelei mir den ha&#x0364;rte&#x017F;ten<lb/>
Stoß gab, den ich erlitten &#x2014; es &#x017F;ey denn, daß &#x2014;<lb/>
doch &#x017F;till davon. Mag es &#x017F;eyn, daß ich der Seelen¬<lb/>
krankheit, die mich befallen, den Gedanken zu&#x017F;chrei¬<lb/>
ben muß, mir in die&#x017F;em Wa&#x0364;ldchen eine Grab&#x017F;ta&#x0364;tte<lb/>
fu&#x0364;r mein Herz bereiten zu la&#x017F;&#x017F;en. Genug, es ge¬<lb/>
&#x017F;chah! &#x2014; Das Wa&#x0364;ldchen war in Herzform ange¬<lb/>
pflanzt, der Pavillon erbaut, die Arbeiter be&#x017F;cha&#x0364;<lb/>
tigten &#x017F;ich mit der Marmorta&#x0364;felung des Fußbodens.<lb/>
Ich trete hinan, um nach dem Werk zu &#x017F;ehen. Da<lb/>
bemerke ich, daß in einiger Entfernung der Knabe,<lb/>
&#x017F;o wie ich, Max geheißen, etwas hin und herkugelt<lb/>
unter allerlei tollen Bocks&#x017F;pru&#x0364;ngen und lautem Ge¬<lb/>
la&#x0364;chter. Eine fin&#x017F;tere Ahnung geht durch meine<lb/>
Seele! &#x2014; Ich gehe los auf den Knaben und er¬<lb/>
&#x017F;tarre, als ich &#x017F;ehe, daß es der rothe herzfo&#x0364;rmig aus¬<lb/>
gearbeite Stein i&#x017F;t, der zum Einlegen in dem Pavil¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0341] von dem Boͤſewicht.“ „Und dieſer Wink des Schick¬ ſals war gewiß einer ihrer boͤſen Traͤume.“ So ſprach die alte Dame, doch der alte Herr fuhr fort: „Hoͤren Sie, urtheilen Sie Julie! — Sie wiſſen, daß meines Bruders Teufelei mir den haͤrteſten Stoß gab, den ich erlitten — es ſey denn, daß — doch ſtill davon. Mag es ſeyn, daß ich der Seelen¬ krankheit, die mich befallen, den Gedanken zuſchrei¬ ben muß, mir in dieſem Waͤldchen eine Grabſtaͤtte fuͤr mein Herz bereiten zu laſſen. Genug, es ge¬ ſchah! — Das Waͤldchen war in Herzform ange¬ pflanzt, der Pavillon erbaut, die Arbeiter beſchaͤf¬ tigten ſich mit der Marmortaͤfelung des Fußbodens. Ich trete hinan, um nach dem Werk zu ſehen. Da bemerke ich, daß in einiger Entfernung der Knabe, ſo wie ich, Max geheißen, etwas hin und herkugelt unter allerlei tollen Bocksſpruͤngen und lautem Ge¬ laͤchter. Eine finſtere Ahnung geht durch meine Seele! — Ich gehe los auf den Knaben und er¬ ſtarre, als ich ſehe, daß es der rothe herzfoͤrmig aus¬ gearbeite Stein iſt, der zum Einlegen in dem Pavil¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/341
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/341>, abgerufen am 23.11.2024.