bizarre, ich möchte lieber sagen, die schauervolle Idee, in diesem Pavillon das Grabmal ihres Her¬ zens, das unter dem rothen Stein ruhen soll, bauen zu lassen?" "Lassen Sie Uns," erwiederte der alte Herr, "lassen Sie Uns, liebe Geheime- Räthin, von diesen Dingen schweigen! -- Nen¬ nen Sie es das krankhafte Spiel eines wunden Gemüths, nennen Sie es wie Sie wollen, aber erfahren Sie, daß, wenn mich mitten unter dem reichen Gut, das das hämische Glück wie ein Spiel¬ zeug dem einfältigen Kinde, das darüber die To¬ deswunden vergißt, mir zuwarf, der bitterste Un¬ muth ergreift, wenn alles erfahrne Leid von neuem auf mich zutritt, daß ich dann hier in diesen Mauern Trost und Beruhigung finde. Meine Blutstropfen haben den Stein so roth gefärbt, aber er ist eiskalt, bald liegt er auf meinem Her¬ zen und kühlt die verderbliche Gluth, welche darin loderte." Die alte Dame sah mit einem Blick der tiefsten Wehmuth herab zum steinernen Herzen, und indem sie sich etwas herabbückte, fielen ein
bizarre, ich moͤchte lieber ſagen, die ſchauervolle Idee, in dieſem Pavillon das Grabmal ihres Her¬ zens, das unter dem rothen Stein ruhen ſoll, bauen zu laſſen?“ „Laſſen Sie Uns,“ erwiederte der alte Herr, „laſſen Sie Uns, liebe Geheime- Raͤthin, von dieſen Dingen ſchweigen! — Nen¬ nen Sie es das krankhafte Spiel eines wunden Gemuͤths, nennen Sie es wie Sie wollen, aber erfahren Sie, daß, wenn mich mitten unter dem reichen Gut, das das haͤmiſche Gluͤck wie ein Spiel¬ zeug dem einfaͤltigen Kinde, das daruͤber die To¬ deswunden vergißt, mir zuwarf, der bitterſte Un¬ muth ergreift, wenn alles erfahrne Leid von neuem auf mich zutritt, daß ich dann hier in dieſen Mauern Troſt und Beruhigung finde. Meine Blutstropfen haben den Stein ſo roth gefaͤrbt, aber er iſt eiskalt, bald liegt er auf meinem Her¬ zen und kuͤhlt die verderbliche Gluth, welche darin loderte.“ Die alte Dame ſah mit einem Blick der tiefſten Wehmuth herab zum ſteinernen Herzen, und indem ſie ſich etwas herabbuͤckte, fielen ein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0336"n="328"/>
bizarre, ich moͤchte lieber ſagen, die ſchauervolle<lb/>
Idee, in dieſem Pavillon das Grabmal ihres Her¬<lb/>
zens, das unter dem rothen Stein ruhen ſoll,<lb/>
bauen zu laſſen?“„Laſſen Sie Uns,“ erwiederte<lb/>
der alte Herr, „laſſen Sie Uns, liebe Geheime-<lb/>
Raͤthin, von dieſen Dingen ſchweigen! — Nen¬<lb/>
nen Sie es das krankhafte Spiel eines wunden<lb/>
Gemuͤths, nennen Sie es wie Sie wollen, aber<lb/>
erfahren Sie, daß, wenn mich mitten unter dem<lb/>
reichen Gut, das das haͤmiſche Gluͤck wie ein Spiel¬<lb/>
zeug dem einfaͤltigen Kinde, das daruͤber die To¬<lb/>
deswunden vergißt, mir zuwarf, der bitterſte Un¬<lb/>
muth ergreift, wenn alles erfahrne Leid von neuem<lb/>
auf mich zutritt, daß ich dann hier in dieſen<lb/>
Mauern Troſt und Beruhigung finde. Meine<lb/>
Blutstropfen haben den Stein ſo roth gefaͤrbt,<lb/>
aber er iſt eiskalt, bald liegt er auf meinem Her¬<lb/>
zen und kuͤhlt die verderbliche Gluth, welche darin<lb/>
loderte.“ Die alte Dame ſah mit einem Blick der<lb/>
tiefſten Wehmuth herab zum ſteinernen Herzen,<lb/>
und indem ſie ſich etwas herabbuͤckte, fielen ein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[328/0336]
bizarre, ich moͤchte lieber ſagen, die ſchauervolle
Idee, in dieſem Pavillon das Grabmal ihres Her¬
zens, das unter dem rothen Stein ruhen ſoll,
bauen zu laſſen?“ „Laſſen Sie Uns,“ erwiederte
der alte Herr, „laſſen Sie Uns, liebe Geheime-
Raͤthin, von dieſen Dingen ſchweigen! — Nen¬
nen Sie es das krankhafte Spiel eines wunden
Gemuͤths, nennen Sie es wie Sie wollen, aber
erfahren Sie, daß, wenn mich mitten unter dem
reichen Gut, das das haͤmiſche Gluͤck wie ein Spiel¬
zeug dem einfaͤltigen Kinde, das daruͤber die To¬
deswunden vergißt, mir zuwarf, der bitterſte Un¬
muth ergreift, wenn alles erfahrne Leid von neuem
auf mich zutritt, daß ich dann hier in dieſen
Mauern Troſt und Beruhigung finde. Meine
Blutstropfen haben den Stein ſo roth gefaͤrbt,
aber er iſt eiskalt, bald liegt er auf meinem Her¬
zen und kuͤhlt die verderbliche Gluth, welche darin
loderte.“ Die alte Dame ſah mit einem Blick der
tiefſten Wehmuth herab zum ſteinernen Herzen,
und indem ſie ſich etwas herabbuͤckte, fielen ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/336>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.