laus!" so rief er, und nun strömten die Betheu¬ rungen der glühendsten Liebe, wie sie nur dem Wahnsinn der verzehrendsten Leidenschaft eigen, von seinen Lippen. Er war zu Hermenegilda's Füßen gesunken, sie hatte ihn mit beiden Armen umschlungen, aber indem er schnell aufgesprungen sie an seine Brust drücken wollte, fühlte er sich heftig zurückgestoßen. Hermenegilda sah ihn mit starrem seltsamen Blick an, und sprach mit dum¬ pfer Stimme: "Eitle Puppe, wenn ich dich auch zum Leben erwärme an meiner Brust, so bist du doch nicht Stanislaus, und kannst es auch nimmer werden!" -- Hierauf verließ sie das Zimmer mit leisen langsamen Schritten. Xaver sah' zu spät seine Unbesonnenheit ein. Daß er bis zum Wahnsinn in Hermenegilda, in die Braut des verwandten Freundes verliebt sey, fühlte er nur zu lebhaft, eben so aber auch, daß er bei jedem Schritt, den er zu Gunsten seiner thörich¬ ten Leidenschaft zu thun gesonnen, sich würde treulosen Freundschaftsbruch vorwerfen müssen.
laus!“ ſo rief er, und nun ſtroͤmten die Betheu¬ rungen der gluͤhendſten Liebe, wie ſie nur dem Wahnſinn der verzehrendſten Leidenſchaft eigen, von ſeinen Lippen. Er war zu Hermenegilda's Fuͤßen geſunken, ſie hatte ihn mit beiden Armen umſchlungen, aber indem er ſchnell aufgeſprungen ſie an ſeine Bruſt druͤcken wollte, fuͤhlte er ſich heftig zuruͤckgeſtoßen. Hermenegilda ſah ihn mit ſtarrem ſeltſamen Blick an, und ſprach mit dum¬ pfer Stimme: „Eitle Puppe, wenn ich dich auch zum Leben erwaͤrme an meiner Bruſt, ſo biſt du doch nicht Stanislaus, und kannſt es auch nimmer werden!“ — Hierauf verließ ſie das Zimmer mit leiſen langſamen Schritten. Xaver ſah' zu ſpaͤt ſeine Unbeſonnenheit ein. Daß er bis zum Wahnſinn in Hermenegilda, in die Braut des verwandten Freundes verliebt ſey, fuͤhlte er nur zu lebhaft, eben ſo aber auch, daß er bei jedem Schritt, den er zu Gunſten ſeiner thoͤrich¬ ten Leidenſchaft zu thun geſonnen, ſich wuͤrde treuloſen Freundſchaftsbruch vorwerfen muͤſſen.
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laus!“ ſo rief er, und nun ſtroͤmten die Betheu¬
rungen der gluͤhendſten Liebe, wie ſie nur dem
Wahnſinn der verzehrendſten Leidenſchaft eigen,
von ſeinen Lippen. Er war zu Hermenegilda's
Fuͤßen geſunken, ſie hatte ihn mit beiden Armen
umſchlungen, aber indem er ſchnell aufgeſprungen
ſie an ſeine Bruſt druͤcken wollte, fuͤhlte er ſich
heftig zuruͤckgeſtoßen. Hermenegilda ſah ihn mit
ſtarrem ſeltſamen Blick an, und ſprach mit dum¬
pfer Stimme: „Eitle Puppe, wenn ich dich
auch zum Leben erwaͤrme an meiner Bruſt, ſo
biſt du doch nicht Stanislaus, und kannſt es
auch nimmer werden!“ — Hierauf verließ ſie das
Zimmer mit leiſen langſamen Schritten. Xaver
ſah' zu ſpaͤt ſeine Unbeſonnenheit ein. Daß er
bis zum Wahnſinn in Hermenegilda, in die Braut
des verwandten Freundes verliebt ſey, fuͤhlte er
nur zu lebhaft, eben ſo aber auch, daß er bei
jedem Schritt, den er zu Gunſten ſeiner thoͤrich¬
ten Leidenſchaft zu thun geſonnen, ſich wuͤrde
treuloſen Freundſchaftsbruch vorwerfen muͤſſen.
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/296>, abgerufen am 23.11.2024.
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