Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

selbst im blutigen Kampf seiner Dame gedenke,
wie nur sein Herz glühe für Freiheit und Vater¬
land u. s. w. Xaver erzählte mit lebendigem Feuer,
er riß Hermenegilden hin, die alle Scheu bald
überwunden, den zauberischen Blick ihrer Him¬
melsaugen unverwandt auf ihn richtete, so daß
er, ein neuer, von Turandot's Blick getroffener,
Calaf, durchbebt von süßer Wonne, nur mühsam
die Erzählung fortspann. Ohne es selbst zu wissen,
bedrängt von dem innern Kampf gegen die Lei¬
denschaft, die in hellen Flammen auflodern wollte,
verlor er sich in die weitläuftige Beschreibung ein¬
zelner Gefechte. Er sprach von Cavallerieangrif¬
fen -- gesprengten Massen -- eroberten Batte¬
rien. -- Ungeduldig unterbrach ihn Hermene¬
gilda, indem sie rief: "O, weg mit diesen bluti¬
gen Szenen eines Schauspiels der Hölle -- sage! --
sage mir nur, daß er mich liebt, daß Stanislaus
mich liebt!" -- Da ergriff Xaver, ganz ermuthigt,
Hermenegilda's Hand, die er heftig an seine
Brust drückte. "Höre ihn selbst, deinen Stanis¬

ſelbſt im blutigen Kampf ſeiner Dame gedenke,
wie nur ſein Herz gluͤhe fuͤr Freiheit und Vater¬
land u. ſ. w. Xaver erzaͤhlte mit lebendigem Feuer,
er riß Hermenegilden hin, die alle Scheu bald
uͤberwunden, den zauberiſchen Blick ihrer Him¬
melsaugen unverwandt auf ihn richtete, ſo daß
er, ein neuer, von Turandot's Blick getroffener,
Calaf, durchbebt von ſuͤßer Wonne, nur muͤhſam
die Erzaͤhlung fortſpann. Ohne es ſelbſt zu wiſſen,
bedraͤngt von dem innern Kampf gegen die Lei¬
denſchaft, die in hellen Flammen auflodern wollte,
verlor er ſich in die weitlaͤuftige Beſchreibung ein¬
zelner Gefechte. Er ſprach von Cavallerieangrif¬
fen — geſprengten Maſſen — eroberten Batte¬
rien. — Ungeduldig unterbrach ihn Hermene¬
gilda, indem ſie rief: „O, weg mit dieſen bluti¬
gen Szenen eines Schauſpiels der Hoͤlle — ſage! —
ſage mir nur, daß er mich liebt, daß Stanislaus
mich liebt!“ — Da ergriff Xaver, ganz ermuthigt,
Hermenegilda's Hand, die er heftig an ſeine
Bruſt druͤckte. „Hoͤre ihn ſelbſt, deinen Stanis¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0295" n="287"/>
&#x017F;elb&#x017F;t im blutigen Kampf &#x017F;einer Dame gedenke,<lb/>
wie nur &#x017F;ein Herz glu&#x0364;he fu&#x0364;r Freiheit und Vater¬<lb/>
land u. &#x017F;. w. Xaver erza&#x0364;hlte mit lebendigem Feuer,<lb/>
er riß Hermenegilden hin, die alle Scheu bald<lb/>
u&#x0364;berwunden, den zauberi&#x017F;chen Blick ihrer Him¬<lb/>
melsaugen unverwandt auf ihn richtete, &#x017F;o daß<lb/>
er, ein neuer, von Turandot's Blick getroffener,<lb/>
Calaf, durchbebt von &#x017F;u&#x0364;ßer Wonne, nur mu&#x0364;h&#x017F;am<lb/>
die Erza&#x0364;hlung fort&#x017F;pann. Ohne es &#x017F;elb&#x017F;t zu wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
bedra&#x0364;ngt von dem innern Kampf gegen die Lei¬<lb/>
den&#x017F;chaft, die in hellen Flammen auflodern wollte,<lb/>
verlor er &#x017F;ich in die weitla&#x0364;uftige Be&#x017F;chreibung ein¬<lb/>
zelner Gefechte. Er &#x017F;prach von Cavallerieangrif¬<lb/>
fen &#x2014; ge&#x017F;prengten Ma&#x017F;&#x017F;en &#x2014; eroberten Batte¬<lb/>
rien. &#x2014; Ungeduldig unterbrach ihn Hermene¬<lb/>
gilda, indem &#x017F;ie rief: &#x201E;O, weg mit die&#x017F;en bluti¬<lb/>
gen Szenen eines Schau&#x017F;piels der Ho&#x0364;lle &#x2014; &#x017F;age! &#x2014;<lb/>
&#x017F;age mir nur, daß er mich liebt, daß Stanislaus<lb/>
mich liebt!&#x201C; &#x2014; Da ergriff Xaver, ganz ermuthigt,<lb/>
Hermenegilda's Hand, die er heftig an &#x017F;eine<lb/>
Bru&#x017F;t dru&#x0364;ckte. &#x201E;Ho&#x0364;re ihn &#x017F;elb&#x017F;t, deinen Stanis¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0295] ſelbſt im blutigen Kampf ſeiner Dame gedenke, wie nur ſein Herz gluͤhe fuͤr Freiheit und Vater¬ land u. ſ. w. Xaver erzaͤhlte mit lebendigem Feuer, er riß Hermenegilden hin, die alle Scheu bald uͤberwunden, den zauberiſchen Blick ihrer Him¬ melsaugen unverwandt auf ihn richtete, ſo daß er, ein neuer, von Turandot's Blick getroffener, Calaf, durchbebt von ſuͤßer Wonne, nur muͤhſam die Erzaͤhlung fortſpann. Ohne es ſelbſt zu wiſſen, bedraͤngt von dem innern Kampf gegen die Lei¬ denſchaft, die in hellen Flammen auflodern wollte, verlor er ſich in die weitlaͤuftige Beſchreibung ein¬ zelner Gefechte. Er ſprach von Cavallerieangrif¬ fen — geſprengten Maſſen — eroberten Batte¬ rien. — Ungeduldig unterbrach ihn Hermene¬ gilda, indem ſie rief: „O, weg mit dieſen bluti¬ gen Szenen eines Schauſpiels der Hoͤlle — ſage! — ſage mir nur, daß er mich liebt, daß Stanislaus mich liebt!“ — Da ergriff Xaver, ganz ermuthigt, Hermenegilda's Hand, die er heftig an ſeine Bruſt druͤckte. „Hoͤre ihn ſelbſt, deinen Stanis¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/295
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/295>, abgerufen am 27.11.2024.