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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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spenster, in die Rede. "Nein," sprach die Frau
weiter, "die Gesichtszüge konnte ich unter den
dünnen Schleiern gar nicht deutlich erkennen, aber
wohl die Todtenfarbe, ach die grauliche Todten¬
farbe. Aber nun Alter, nun merk' auf: deutlich,
nur zu deutlich, ganz sonnenklar liegts am Tage,
daß die Dame guter Hoffnung ist. In wenigen
Wochen kommt sie in's Kindbett." "Das weiß
ich ja, Frau," sprach der Alte ganz mürrisch,
"und damit du nur nicht umkommen mögest vor
Neugier und Unruhe, will ich dir mit zwei Wor¬
ten alles erklären. Wisse also, daß Fürst Z. un¬
ser hoher Gönner mir vor einigen Wochen schrieb,
die Aebtissin des Cisterzienserklosters in O. werde
mir eine Dame bringen, die ich bei mir in
meinem Hause aufnehmen solle, in aller Stille,
jedes Aufsehen sorglich vermeidend. Die Dame,
welche nicht anders genannt seyn wolle, als schlecht¬
weg Cölestine, werde bei mir ihre nahe Entbin¬
dung abwarten, und dann nebst dem Kinde, das
sie geboren, wieder abgeholt werden. Füge ich nun

ſpenſter, in die Rede. „Nein,“ ſprach die Frau
weiter, „die Geſichtszuͤge konnte ich unter den
duͤnnen Schleiern gar nicht deutlich erkennen, aber
wohl die Todtenfarbe, ach die grauliche Todten¬
farbe. Aber nun Alter, nun merk' auf: deutlich,
nur zu deutlich, ganz ſonnenklar liegts am Tage,
daß die Dame guter Hoffnung iſt. In wenigen
Wochen kommt ſie in's Kindbett.“ „Das weiß
ich ja, Frau,“ ſprach der Alte ganz muͤrriſch,
„und damit du nur nicht umkommen moͤgeſt vor
Neugier und Unruhe, will ich dir mit zwei Wor¬
ten alles erklaͤren. Wiſſe alſo, daß Fuͤrſt Z. un¬
ſer hoher Goͤnner mir vor einigen Wochen ſchrieb,
die Aebtiſſin des Ciſterzienſerkloſters in O. werde
mir eine Dame bringen, die ich bei mir in
meinem Hauſe aufnehmen ſolle, in aller Stille,
jedes Aufſehen ſorglich vermeidend. Die Dame,
welche nicht anders genannt ſeyn wolle, als ſchlecht¬
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[260/0268] ſpenſter, in die Rede. „Nein,“ ſprach die Frau weiter, „die Geſichtszuͤge konnte ich unter den duͤnnen Schleiern gar nicht deutlich erkennen, aber wohl die Todtenfarbe, ach die grauliche Todten¬ farbe. Aber nun Alter, nun merk' auf: deutlich, nur zu deutlich, ganz ſonnenklar liegts am Tage, daß die Dame guter Hoffnung iſt. In wenigen Wochen kommt ſie in's Kindbett.“ „Das weiß ich ja, Frau,“ ſprach der Alte ganz muͤrriſch, „und damit du nur nicht umkommen moͤgeſt vor Neugier und Unruhe, will ich dir mit zwei Wor¬ ten alles erklaͤren. Wiſſe alſo, daß Fuͤrſt Z. un¬ ſer hoher Goͤnner mir vor einigen Wochen ſchrieb, die Aebtiſſin des Ciſterzienſerkloſters in O. werde mir eine Dame bringen, die ich bei mir in meinem Hauſe aufnehmen ſolle, in aller Stille, jedes Aufſehen ſorglich vermeidend. Die Dame, welche nicht anders genannt ſeyn wolle, als ſchlecht¬ weg Coͤleſtine, werde bei mir ihre nahe Entbin¬ dung abwarten, und dann nebſt dem Kinde, das ſie geboren, wieder abgeholt werden. Fuͤge ich nun

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/268>, abgerufen am 24.11.2024.