Geburt eines Sohnes ein Geheimniß. Mit der Vorahnung des nahen Todes kam dem alten Rode¬ rich zugleich der Gedanke, daß Wolffgang jene ihm feindliche Julie geheirathet habe; in dem Briefe, der dem Sohn befahl, am bestimmten Tage nach R..sitten zu kommen, um das Majorat anzu¬ treten, fluchte er ihm, wenn er nicht jene Verbin¬ dung zerreissen werde. Diesen Brief verbrannte Wolffgang bei der Leiche des Vaters.
An Hubert schrieb der Alte, daß Wolffgang Julien geheirathet habe, er werde aber diese Ver¬ bindung zerreissen. Hubert hielt dies für die Ein¬ bildung des träumerischen Vaters, erschrack aber nicht wenig, als Wolffgang in R..sitten selbst mit vieler Freimüthigkeit die Ahnung des Alten nicht allein bestätigte, sondern auch hinzufügte, daß Julie ihm einen Sohn geboren, und daß er nun in kurzer Zeit Julien, die ihn bis jetzt für den Kaufmann Born aus M. gehalten, mit der Nach¬ richt seines Standes und seines reichen Besitzthums hoch erfreuen werde. Selbst wolle er hin nach
Geburt eines Sohnes ein Geheimniß. Mit der Vorahnung des nahen Todes kam dem alten Rode¬ rich zugleich der Gedanke, daß Wolffgang jene ihm feindliche Julie geheirathet habe; in dem Briefe, der dem Sohn befahl, am beſtimmten Tage nach R..ſitten zu kommen, um das Majorat anzu¬ treten, fluchte er ihm, wenn er nicht jene Verbin¬ dung zerreiſſen werde. Dieſen Brief verbrannte Wolffgang bei der Leiche des Vaters.
An Hubert ſchrieb der Alte, daß Wolffgang Julien geheirathet habe, er werde aber dieſe Ver¬ bindung zerreiſſen. Hubert hielt dies fuͤr die Ein¬ bildung des traͤumeriſchen Vaters, erſchrack aber nicht wenig, als Wolffgang in R..ſitten ſelbſt mit vieler Freimuͤthigkeit die Ahnung des Alten nicht allein beſtaͤtigte, ſondern auch hinzufuͤgte, daß Julie ihm einen Sohn geboren, und daß er nun in kurzer Zeit Julien, die ihn bis jetzt fuͤr den Kaufmann Born aus M. gehalten, mit der Nach¬ richt ſeines Standes und ſeines reichen Beſitzthums hoch erfreuen werde. Selbſt wolle er hin nach
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Geburt eines Sohnes ein Geheimniß. Mit der
Vorahnung des nahen Todes kam dem alten Rode¬
rich zugleich der Gedanke, daß Wolffgang jene ihm
feindliche Julie geheirathet habe; in dem Briefe,
der dem Sohn befahl, am beſtimmten Tage nach
R..ſitten zu kommen, um das Majorat anzu¬
treten, fluchte er ihm, wenn er nicht jene Verbin¬
dung zerreiſſen werde. Dieſen Brief verbrannte
Wolffgang bei der Leiche des Vaters.
An Hubert ſchrieb der Alte, daß Wolffgang
Julien geheirathet habe, er werde aber dieſe Ver¬
bindung zerreiſſen. Hubert hielt dies fuͤr die Ein¬
bildung des traͤumeriſchen Vaters, erſchrack aber
nicht wenig, als Wolffgang in R..ſitten ſelbſt
mit vieler Freimuͤthigkeit die Ahnung des Alten
nicht allein beſtaͤtigte, ſondern auch hinzufuͤgte,
daß Julie ihm einen Sohn geboren, und daß er
nun in kurzer Zeit Julien, die ihn bis jetzt fuͤr den
Kaufmann Born aus M. gehalten, mit der Nach¬
richt ſeines Standes und ſeines reichen Beſitzthums
hoch erfreuen werde. Selbſt wolle er hin nach
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/252>, abgerufen am 27.11.2024.
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