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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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und schwer die Treppe herauf, und klirre und klap¬
pere mit Schlüsseln. V. wurde aufmerksam, er
stand auf, ging in den Saal, und vernahm nun
deutlich, daß jemand sich durch den Flur der Thüre
des Saals nahte. Bald darauf wurde diese geöffnet,
und ein Mensch mit leichenblassem entstellten Antlitz
in Nachtkleidern, in der einen Hand den Armleuch¬
ter mit brennenden Kerzen, in der andern den
großen Schlüsselbund, trat langsam hinein. V. er¬
kannte augenblicklich den Hausverwalter, und war
im Begriff, ihm zuzurufen, was er so spät in der
Nacht wolle, als ihn in dem ganzen Wesen des
Alten, in dem zum Tode erstarrten Antlitz etwas
unheimliches gespenstisches mit Eiskälte anhauchte.
Er erkannte, daß er einen Nachtwandler vor sich
habe. Der Alte ging mit gemessenen Schritten
queer durch den Saal, gerade los auf die vermauerte
Thür, die ehemals zum Thurm führte. Dicht
vor derselben blieb er stehen, und stieß aus tiefer
Brust einen heulenden Laut aus, der so entsetzlich
in dem ganzen Saale wiederhallte, daß V. erbebte

und ſchwer die Treppe herauf, und klirre und klap¬
pere mit Schluͤſſeln. V. wurde aufmerkſam, er
ſtand auf, ging in den Saal, und vernahm nun
deutlich, daß jemand ſich durch den Flur der Thuͤre
des Saals nahte. Bald darauf wurde dieſe geoͤffnet,
und ein Menſch mit leichenblaſſem entſtellten Antlitz
in Nachtkleidern, in der einen Hand den Armleuch¬
ter mit brennenden Kerzen, in der andern den
großen Schluͤſſelbund, trat langſam hinein. V. er¬
kannte augenblicklich den Hausverwalter, und war
im Begriff, ihm zuzurufen, was er ſo ſpaͤt in der
Nacht wolle, als ihn in dem ganzen Weſen des
Alten, in dem zum Tode erſtarrten Antlitz etwas
unheimliches geſpenſtiſches mit Eiskaͤlte anhauchte.
Er erkannte, daß er einen Nachtwandler vor ſich
habe. Der Alte ging mit gemeſſenen Schritten
queer durch den Saal, gerade los auf die vermauerte
Thuͤr, die ehemals zum Thurm fuͤhrte. Dicht
vor derſelben blieb er ſtehen, und ſtieß aus tiefer
Bruſt einen heulenden Laut aus, der ſo entſetzlich
in dem ganzen Saale wiederhallte, daß V. erbebte

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[221/0229] und ſchwer die Treppe herauf, und klirre und klap¬ pere mit Schluͤſſeln. V. wurde aufmerkſam, er ſtand auf, ging in den Saal, und vernahm nun deutlich, daß jemand ſich durch den Flur der Thuͤre des Saals nahte. Bald darauf wurde dieſe geoͤffnet, und ein Menſch mit leichenblaſſem entſtellten Antlitz in Nachtkleidern, in der einen Hand den Armleuch¬ ter mit brennenden Kerzen, in der andern den großen Schluͤſſelbund, trat langſam hinein. V. er¬ kannte augenblicklich den Hausverwalter, und war im Begriff, ihm zuzurufen, was er ſo ſpaͤt in der Nacht wolle, als ihn in dem ganzen Weſen des Alten, in dem zum Tode erſtarrten Antlitz etwas unheimliches geſpenſtiſches mit Eiskaͤlte anhauchte. Er erkannte, daß er einen Nachtwandler vor ſich habe. Der Alte ging mit gemeſſenen Schritten queer durch den Saal, gerade los auf die vermauerte Thuͤr, die ehemals zum Thurm fuͤhrte. Dicht vor derſelben blieb er ſtehen, und ſtieß aus tiefer Bruſt einen heulenden Laut aus, der ſo entſetzlich in dem ganzen Saale wiederhallte, daß V. erbebte

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/229>, abgerufen am 17.05.2024.