sammelter Dienerschaft entwickelte, des Freiherrn Jäger, Franz geheißen, an: "Ach, lieber Herr Justitiarius, so hat es wohl sich nicht zugetragen!" -- "Wie denn anders?" fuhr ihn V. an. Franz, ein ehrlicher treuer Kerl, der seinem Herrn hätte ins Grab folgen mögen, wollte aber nicht vor den an¬ dern mit der Sprache heraus, sondern behielt sich vor, das, was er davon zu sagen wisse, dem Ju¬ stitiarius allein zu vertrauen. V. erfuhr nun, daß der Freiherr zu Franz sehr oft von den vielen Schätzen sprach, die da unten in dem Schutt begraben lägen, und daß er oft, wie vom bösen Geist getrieben, zur Nachtzeit noch die Pforte, zu der den Schlüssel ihm Daniel hatte geben müssen, öffnete und mit Sehnsucht hinabschaute in die Tiefe nach den ver¬ meintlichen Reichthümern. Gewiß war es nun wohl also, daß in jener verhängnißvollen Nacht der Freiherr, nachdem ihn der Jäger schon verlassen, noch einen Gang nach dem Thurm gemacht und ihn dort ein plötzlicher Schwindel erfaßt und herabge¬ stürzt hatte. Daniel, der von dem entsetzlichen
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ſammelter Dienerſchaft entwickelte, des Freiherrn Jaͤger, Franz geheißen, an: „Ach, lieber Herr Juſtitiarius, ſo hat es wohl ſich nicht zugetragen!“ — „Wie denn anders?“ fuhr ihn V. an. Franz, ein ehrlicher treuer Kerl, der ſeinem Herrn haͤtte ins Grab folgen moͤgen, wollte aber nicht vor den an¬ dern mit der Sprache heraus, ſondern behielt ſich vor, das, was er davon zu ſagen wiſſe, dem Ju¬ ſtitiarius allein zu vertrauen. V. erfuhr nun, daß der Freiherr zu Franz ſehr oft von den vielen Schaͤtzen ſprach, die da unten in dem Schutt begraben laͤgen, und daß er oft, wie vom boͤſen Geiſt getrieben, zur Nachtzeit noch die Pforte, zu der den Schluͤſſel ihm Daniel hatte geben muͤſſen, oͤffnete und mit Sehnſucht hinabſchaute in die Tiefe nach den ver¬ meintlichen Reichthuͤmern. Gewiß war es nun wohl alſo, daß in jener verhaͤngnißvollen Nacht der Freiherr, nachdem ihn der Jaͤger ſchon verlaſſen, noch einen Gang nach dem Thurm gemacht und ihn dort ein ploͤtzlicher Schwindel erfaßt und herabge¬ ſtuͤrzt hatte. Daniel, der von dem entſetzlichen
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[209/0217]
ſammelter Dienerſchaft entwickelte, des Freiherrn
Jaͤger, Franz geheißen, an: „Ach, lieber Herr
Juſtitiarius, ſo hat es wohl ſich nicht zugetragen!“
— „Wie denn anders?“ fuhr ihn V. an. Franz,
ein ehrlicher treuer Kerl, der ſeinem Herrn haͤtte ins
Grab folgen moͤgen, wollte aber nicht vor den an¬
dern mit der Sprache heraus, ſondern behielt ſich
vor, das, was er davon zu ſagen wiſſe, dem Ju¬
ſtitiarius allein zu vertrauen. V. erfuhr nun, daß
der Freiherr zu Franz ſehr oft von den vielen Schaͤtzen
ſprach, die da unten in dem Schutt begraben laͤgen,
und daß er oft, wie vom boͤſen Geiſt getrieben, zur
Nachtzeit noch die Pforte, zu der den Schluͤſſel
ihm Daniel hatte geben muͤſſen, oͤffnete und mit
Sehnſucht hinabſchaute in die Tiefe nach den ver¬
meintlichen Reichthuͤmern. Gewiß war es nun
wohl alſo, daß in jener verhaͤngnißvollen Nacht der
Freiherr, nachdem ihn der Jaͤger ſchon verlaſſen,
noch einen Gang nach dem Thurm gemacht und ihn
dort ein ploͤtzlicher Schwindel erfaßt und herabge¬
ſtuͤrzt hatte. Daniel, der von dem entſetzlichen
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/217>, abgerufen am 23.11.2024.
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