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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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sehr kläglich zu seufzen: Seraphine, ach Seraphi¬
ne! so daß der Alte erwachte und mir zurief: "Vet¬
ter! -- Vetter! ich glaube du fantasirst mit lauter
Stimme! -- Thu's bei Tage, wenn's möglich ist,
aber zur Nachtzeit laß mich schlafen!" Ich war
nicht wenig besorgt, daß der Alte, der schon mein
aufgeregtes Wesen bei der Ankunft der Baronin
wohl bemerkt, den Namen gehört haben und mich mit
seinem sarkastischen Spott überschütten werde, er sagte
am andern Morgen aber nichts weiter, als bei dem
Hineingehen in den Gerichtssaal: "Gott gebe Je¬
dem gehörigen Menschenverstand und Sorglichkeit
ihn in gutem Verschluß zu halten. Es ist schlimm,
mir nichts dir nichts sich in einen Hasenfuß umzu¬
setzen." Hierauf nahm er Platz an dem großen
Tisch und sprach: "Schreibe fein deutlich, lieber
Vetter! damit ich's ohne Anstoß zu lesen vermag.

Die Hochachtung, ja die kindliche Ehrfurcht,
die der Baron meinem alten Großonkel erzeigte,
sprach sich in Allem aus. So mußte er auch bei

Tische

ſehr klaͤglich zu ſeufzen: Seraphine, ach Seraphi¬
ne! ſo daß der Alte erwachte und mir zurief: „Vet¬
ter! — Vetter! ich glaube du fantaſirſt mit lauter
Stimme! — Thu's bei Tage, wenn's moͤglich iſt,
aber zur Nachtzeit laß mich ſchlafen!“ Ich war
nicht wenig beſorgt, daß der Alte, der ſchon mein
aufgeregtes Weſen bei der Ankunft der Baronin
wohl bemerkt, den Namen gehoͤrt haben und mich mit
ſeinem ſarkaſtiſchen Spott uͤberſchuͤtten werde, er ſagte
am andern Morgen aber nichts weiter, als bei dem
Hineingehen in den Gerichtsſaal: „Gott gebe Je¬
dem gehoͤrigen Menſchenverſtand und Sorglichkeit
ihn in gutem Verſchluß zu halten. Es iſt ſchlimm,
mir nichts dir nichts ſich in einen Haſenfuß umzu¬
ſetzen.“ Hierauf nahm er Platz an dem großen
Tiſch und ſprach: „Schreibe fein deutlich, lieber
Vetter! damit ich's ohne Anſtoß zu leſen vermag.

Die Hochachtung, ja die kindliche Ehrfurcht,
die der Baron meinem alten Großonkel erzeigte,
ſprach ſich in Allem aus. So mußte er auch bei

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[112/0120] ſehr klaͤglich zu ſeufzen: Seraphine, ach Seraphi¬ ne! ſo daß der Alte erwachte und mir zurief: „Vet¬ ter! — Vetter! ich glaube du fantaſirſt mit lauter Stimme! — Thu's bei Tage, wenn's moͤglich iſt, aber zur Nachtzeit laß mich ſchlafen!“ Ich war nicht wenig beſorgt, daß der Alte, der ſchon mein aufgeregtes Weſen bei der Ankunft der Baronin wohl bemerkt, den Namen gehoͤrt haben und mich mit ſeinem ſarkaſtiſchen Spott uͤberſchuͤtten werde, er ſagte am andern Morgen aber nichts weiter, als bei dem Hineingehen in den Gerichtsſaal: „Gott gebe Je¬ dem gehoͤrigen Menſchenverſtand und Sorglichkeit ihn in gutem Verſchluß zu halten. Es iſt ſchlimm, mir nichts dir nichts ſich in einen Haſenfuß umzu¬ ſetzen.“ Hierauf nahm er Platz an dem großen Tiſch und ſprach: „Schreibe fein deutlich, lieber Vetter! damit ich's ohne Anſtoß zu leſen vermag. Die Hochachtung, ja die kindliche Ehrfurcht, die der Baron meinem alten Großonkel erzeigte, ſprach ſich in Allem aus. So mußte er auch bei Tiſche

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/120>, abgerufen am 09.10.2024.