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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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seyn schien, was jemahls auf Erden gewandelt?
Dieses Wesen war niemand, als die Baronesse
selbst. Schon gleich als sie angekommen und in
einem russischen Zobelpelz, der knapp anschloß an
den zierlich gebauten Leib, das Haupt in reiche
Schleier gewickelt, durch die Gemächer schritt,
wirkte ihre Erscheinung auf mich wie ein mächtiger
unwiderstehlicher Zauber. Ja, selbst der Umstand,
daß die alten Tanten in verwunderlicheren Kleidern
und Fontangen, als ich sie noch gesehen, an beiden
Seiten neben ihr her trippelten und ihre französi¬
schen Bewillkommungen herschnatterten, während
sie, die Baronin, mit unbeschreiblich milden Blik¬
ken um sich her schaute, und bald diesem, bald jenem
freundlich zunickte, bald in dem rein tönenden Cur¬
ländischen Dialekt einige deutsche Worte dazwischen
flötete, schon dieses gab ein wunderbar fremdarti¬
ges Bild, und unwillkürlich reihte die Fantasie
dies Bild an jenen unheimlichen Spuk, und die
Baronesse wurde der Engel des Lichts, dem sich
die bösen gespenstischen Mächte beugen. -- Die

ſeyn ſchien, was jemahls auf Erden gewandelt?
Dieſes Weſen war niemand, als die Baroneſſe
ſelbſt. Schon gleich als ſie angekommen und in
einem ruſſiſchen Zobelpelz, der knapp anſchloß an
den zierlich gebauten Leib, das Haupt in reiche
Schleier gewickelt, durch die Gemaͤcher ſchritt,
wirkte ihre Erſcheinung auf mich wie ein maͤchtiger
unwiderſtehlicher Zauber. Ja, ſelbſt der Umſtand,
daß die alten Tanten in verwunderlicheren Kleidern
und Fontangen, als ich ſie noch geſehen, an beiden
Seiten neben ihr her trippelten und ihre franzoͤſi¬
ſchen Bewillkommungen herſchnatterten, waͤhrend
ſie, die Baronin, mit unbeſchreiblich milden Blik¬
ken um ſich her ſchaute, und bald dieſem, bald jenem
freundlich zunickte, bald in dem rein toͤnenden Cur¬
laͤndiſchen Dialekt einige deutſche Worte dazwiſchen
floͤtete, ſchon dieſes gab ein wunderbar fremdarti¬
ges Bild, und unwillkuͤrlich reihte die Fantaſie
dies Bild an jenen unheimlichen Spuk, und die
Baroneſſe wurde der Engel des Lichts, dem ſich
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[108/0116] ſeyn ſchien, was jemahls auf Erden gewandelt? Dieſes Weſen war niemand, als die Baroneſſe ſelbſt. Schon gleich als ſie angekommen und in einem ruſſiſchen Zobelpelz, der knapp anſchloß an den zierlich gebauten Leib, das Haupt in reiche Schleier gewickelt, durch die Gemaͤcher ſchritt, wirkte ihre Erſcheinung auf mich wie ein maͤchtiger unwiderſtehlicher Zauber. Ja, ſelbſt der Umſtand, daß die alten Tanten in verwunderlicheren Kleidern und Fontangen, als ich ſie noch geſehen, an beiden Seiten neben ihr her trippelten und ihre franzoͤſi¬ ſchen Bewillkommungen herſchnatterten, waͤhrend ſie, die Baronin, mit unbeſchreiblich milden Blik¬ ken um ſich her ſchaute, und bald dieſem, bald jenem freundlich zunickte, bald in dem rein toͤnenden Cur¬ laͤndiſchen Dialekt einige deutſche Worte dazwiſchen floͤtete, ſchon dieſes gab ein wunderbar fremdarti¬ ges Bild, und unwillkuͤrlich reihte die Fantaſie dies Bild an jenen unheimlichen Spuk, und die Baroneſſe wurde der Engel des Lichts, dem ſich die boͤſen geſpenſtiſchen Maͤchte beugen. — Die

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/116>, abgerufen am 27.11.2024.