Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

um des Mohren Kehle zu durchstoßen, als dieser
tief aufseufzte: Zulema! -- Zur Bildsäule
erstarrt vermochte Aguillar nicht die That zu
vollenden. "Unseliger," rief er, "welch' einen
Namen nanntest du?" Stoße zu, stöhnte der
Mohr, stoße zu, du tödtest den, der dir Tod
und Verderben geschworen hat. Ja! wisse, ver¬
rätherischer Christ, wisse, daß es Hichem der
letzte des Stammes Alhamar ist, dem du Zulema
raubtest! -- Wisse, daß jener zerlumpte Bettler,
der mit den Gebehrden des Wahnsinns in eurem
Lager umherschlich, Hichem war, wisse daß es
mir gelang, das dunkle Gefängniß, in dem ihr
Verruchte das Licht meiner Gedanken eingeschlos¬
sen, anzuzünden, und Zulema zu retten. --
"Zulema -- Julia lebt?" rief Aguillar.
Da lachte Hichem gellend auf im grausigen
Hohn: Ja sie lebt, aber Euer blutiges dornen¬
gekröntes Götzenbild hat mit fluchwürdigem Zau¬
ber sie befangen und die duftende glühende Blume
des Lebens eingehüllt in die Leichentücher der wahn¬

um des Mohren Kehle zu durchſtoßen, als dieſer
tief aufſeufzte: Zulema! — Zur Bildſaͤule
erſtarrt vermochte Aguillar nicht die That zu
vollenden. „Unſeliger,“ rief er, „welch' einen
Namen nannteſt du?“ Stoße zu, ſtoͤhnte der
Mohr, ſtoße zu, du toͤdteſt den, der dir Tod
und Verderben geſchworen hat. Ja! wiſſe, ver¬
raͤtheriſcher Chriſt, wiſſe, daß es Hichem der
letzte des Stammes Alhamar iſt, dem du Zulema
raubteſt! — Wiſſe, daß jener zerlumpte Bettler,
der mit den Gebehrden des Wahnſinns in eurem
Lager umherſchlich, Hichem war, wiſſe daß es
mir gelang, das dunkle Gefaͤngniß, in dem ihr
Verruchte das Licht meiner Gedanken eingeſchloſ¬
ſen, anzuzuͤnden, und Zulema zu retten. —
ZulemaJulia lebt?“ rief Aguillar.
Da lachte Hichem gellend auf im grauſigen
Hohn: Ja ſie lebt, aber Euer blutiges dornen¬
gekroͤntes Goͤtzenbild hat mit fluchwuͤrdigem Zau¬
ber ſie befangen und die duftende gluͤhende Blume
des Lebens eingehuͤllt in die Leichentuͤcher der wahn¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0321" n="313"/>
um des Mohren Kehle zu durch&#x017F;toßen, als die&#x017F;er<lb/>
tief auf&#x017F;eufzte: <hi rendition="#g">Zulema</hi>! &#x2014; Zur Bild&#x017F;a&#x0364;ule<lb/>
er&#x017F;tarrt vermochte <hi rendition="#g">Aguillar</hi> nicht die That zu<lb/>
vollenden. &#x201E;Un&#x017F;eliger,&#x201C; rief er, &#x201E;welch' einen<lb/>
Namen nannte&#x017F;t du?&#x201C; Stoße zu, &#x017F;to&#x0364;hnte der<lb/>
Mohr, &#x017F;toße zu, du to&#x0364;dte&#x017F;t den, der dir Tod<lb/>
und Verderben ge&#x017F;chworen hat. Ja! wi&#x017F;&#x017F;e, ver¬<lb/>
ra&#x0364;theri&#x017F;cher Chri&#x017F;t, wi&#x017F;&#x017F;e, daß es <hi rendition="#g">Hichem</hi> der<lb/>
letzte des Stammes Alhamar i&#x017F;t, dem du <hi rendition="#g">Zulema</hi><lb/>
raubte&#x017F;t! &#x2014; Wi&#x017F;&#x017F;e, daß jener zerlumpte Bettler,<lb/>
der mit den Gebehrden des Wahn&#x017F;inns in eurem<lb/>
Lager umher&#x017F;chlich, <hi rendition="#g">Hichem</hi> war, wi&#x017F;&#x017F;e daß es<lb/>
mir gelang, das dunkle Gefa&#x0364;ngniß, in dem ihr<lb/>
Verruchte das Licht meiner Gedanken einge&#x017F;chlo&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en, anzuzu&#x0364;nden, und <hi rendition="#g">Zulema</hi> zu retten. &#x2014;<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Zulema</hi> &#x2014; <hi rendition="#g">Julia</hi> lebt?&#x201C; rief <hi rendition="#g">Aguillar</hi>.<lb/>
Da lachte <hi rendition="#g">Hichem</hi> gellend auf im grau&#x017F;igen<lb/>
Hohn: Ja &#x017F;ie lebt, aber Euer blutiges dornen¬<lb/>
gekro&#x0364;ntes Go&#x0364;tzenbild hat mit fluchwu&#x0364;rdigem Zau¬<lb/>
ber &#x017F;ie befangen und die duftende glu&#x0364;hende Blume<lb/>
des Lebens eingehu&#x0364;llt in die Leichentu&#x0364;cher der wahn¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0321] um des Mohren Kehle zu durchſtoßen, als dieſer tief aufſeufzte: Zulema! — Zur Bildſaͤule erſtarrt vermochte Aguillar nicht die That zu vollenden. „Unſeliger,“ rief er, „welch' einen Namen nannteſt du?“ Stoße zu, ſtoͤhnte der Mohr, ſtoße zu, du toͤdteſt den, der dir Tod und Verderben geſchworen hat. Ja! wiſſe, ver¬ raͤtheriſcher Chriſt, wiſſe, daß es Hichem der letzte des Stammes Alhamar iſt, dem du Zulema raubteſt! — Wiſſe, daß jener zerlumpte Bettler, der mit den Gebehrden des Wahnſinns in eurem Lager umherſchlich, Hichem war, wiſſe daß es mir gelang, das dunkle Gefaͤngniß, in dem ihr Verruchte das Licht meiner Gedanken eingeſchloſ¬ ſen, anzuzuͤnden, und Zulema zu retten. — „Zulema — Julia lebt?“ rief Aguillar. Da lachte Hichem gellend auf im grauſigen Hohn: Ja ſie lebt, aber Euer blutiges dornen¬ gekroͤntes Goͤtzenbild hat mit fluchwuͤrdigem Zau¬ ber ſie befangen und die duftende gluͤhende Blume des Lebens eingehuͤllt in die Leichentuͤcher der wahn¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/321
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/321>, abgerufen am 02.05.2024.