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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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hervorgebrachte haltend und als würden wir oft
zum Tode wund, ohne zu ahnden, daß der un¬
harmonisch berührte Ton uns die Wunde schlug."
"Sehr dunkel," sprach der Kapellmeister. "O," rief
der Doktor lachend, "o nur Geduld, er wird gleich
auf seinem Steckenpferde sitzen und gestreckten
Gallops in die Welt der Ahnungen, Träume,
psychischen Einflüsse, Sympathien, Idiosynkrasien
u. s. w. hineinreiten, bis er auf der Station des
Magnetismus absitzt und ein Frühstück nimmt."
"Gemach gemach, mein weiser Doktor," sprach der
reisende Enthusiast, schmäht nicht auf Dinge, die
ihr, sträuben möcht Ihr Euch auch wie ihr wollt,
doch mit Demuth anerkennen und höchlich beach¬
ten müßt. Habt Ihr es denn nicht selbst eben
erst ausgesprochen, daß Bettina's Krankheit
von psychischer Anregung herbeigeführt oder viel¬
mehr nur ein psychisches Uebel ist? "Wie
kommt," unterbrach der Doktor den Enthusia¬
sten, "wie kommt aber Bettina mit dem un¬
glückseeligen Schmetterling zusammen? "Wenn

man

hervorgebrachte haltend und als wuͤrden wir oft
zum Tode wund, ohne zu ahnden, daß der un¬
harmoniſch beruͤhrte Ton uns die Wunde ſchlug.“
„Sehr dunkel,“ ſprach der Kapellmeiſter. „O,“ rief
der Doktor lachend, „o nur Geduld, er wird gleich
auf ſeinem Steckenpferde ſitzen und geſtreckten
Gallops in die Welt der Ahnungen, Traͤume,
pſychiſchen Einfluͤſſe, Sympathien, Idioſynkraſien
u. ſ. w. hineinreiten, bis er auf der Station des
Magnetismus abſitzt und ein Fruͤhſtuͤck nimmt.“
„Gemach gemach, mein weiſer Doktor,“ ſprach der
reiſende Enthuſiaſt, ſchmaͤht nicht auf Dinge, die
ihr, ſtraͤuben moͤcht Ihr Euch auch wie ihr wollt,
doch mit Demuth anerkennen und hoͤchlich beach¬
ten muͤßt. Habt Ihr es denn nicht ſelbſt eben
erſt ausgeſprochen, daß Bettina's Krankheit
von pſychiſcher Anregung herbeigefuͤhrt oder viel¬
mehr nur ein pſychiſches Uebel iſt? „Wie
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ſten, „wie kommt aber Bettina mit dem un¬
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[288/0296] hervorgebrachte haltend und als wuͤrden wir oft zum Tode wund, ohne zu ahnden, daß der un¬ harmoniſch beruͤhrte Ton uns die Wunde ſchlug.“ „Sehr dunkel,“ ſprach der Kapellmeiſter. „O,“ rief der Doktor lachend, „o nur Geduld, er wird gleich auf ſeinem Steckenpferde ſitzen und geſtreckten Gallops in die Welt der Ahnungen, Traͤume, pſychiſchen Einfluͤſſe, Sympathien, Idioſynkraſien u. ſ. w. hineinreiten, bis er auf der Station des Magnetismus abſitzt und ein Fruͤhſtuͤck nimmt.“ „Gemach gemach, mein weiſer Doktor,“ ſprach der reiſende Enthuſiaſt, ſchmaͤht nicht auf Dinge, die ihr, ſtraͤuben moͤcht Ihr Euch auch wie ihr wollt, doch mit Demuth anerkennen und hoͤchlich beach¬ ten muͤßt. Habt Ihr es denn nicht ſelbſt eben erſt ausgeſprochen, daß Bettina's Krankheit von pſychiſcher Anregung herbeigefuͤhrt oder viel¬ mehr nur ein pſychiſches Uebel iſt? „Wie kommt,“ unterbrach der Doktor den Enthuſia¬ ſten, „wie kommt aber Bettina mit dem un¬ gluͤckſeeligen Schmetterling zuſammen? „Wenn man

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/296>, abgerufen am 25.11.2024.