Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

beugte, je weniger Angiola auch nur ein Wort
der Klage hören ließ.

"Der immer mehr in mein Innerstes herein¬
zehrende Gram, erzeugt von stets getäuschter
Hoffnung, wenn ich immer vergebens Kräfte auf¬
bot, die nicht mehr mein waren, versetzte mich
bald in einen Zustand, der dem Wahnsinne gleich
zu achten war. Mein Weib gebar mir einen
Sohn, das vollendete mein Elend und der lange
verhaltene Groll brach aus in hell aufflammen¬
den Haß. Sie Sie allein schuf mein Unglück.
Nein -- Sie war nicht das Ideal, das mir er¬
schien, nur mir zum rettungslosen Verderben
hatte sie trügerisch jenes Himmelsweibes Gestalt
und Gesicht geborgt. In wilder Verzweiflung
fluchte ich ihr und dem unschuldigen Kinde. -- Ich
wünschte beider Tod, damit ich erlöst werden
möge von der unerträglichen Quaal, die wie mit glü¬
henden Messern in mir wühlte! -- Gedanken der
Hölle stiegen in mir auf. Vergebens las ich in
Angiola's leichenblassem Gesicht, in ihren Thrä¬

S

beugte, je weniger Angiola auch nur ein Wort
der Klage hoͤren ließ.

„Der immer mehr in mein Innerſtes herein¬
zehrende Gram, erzeugt von ſtets getaͤuſchter
Hoffnung, wenn ich immer vergebens Kraͤfte auf¬
bot, die nicht mehr mein waren, verſetzte mich
bald in einen Zuſtand, der dem Wahnſinne gleich
zu achten war. Mein Weib gebar mir einen
Sohn, das vollendete mein Elend und der lange
verhaltene Groll brach aus in hell aufflammen¬
den Haß. Sie Sie allein ſchuf mein Ungluͤck.
Nein — Sie war nicht das Ideal, das mir er¬
ſchien, nur mir zum rettungsloſen Verderben
hatte ſie truͤgeriſch jenes Himmelsweibes Geſtalt
und Geſicht geborgt. In wilder Verzweiflung
fluchte ich ihr und dem unſchuldigen Kinde. — Ich
wuͤnſchte beider Tod, damit ich erloͤſt werden
moͤge von der unertraͤglichen Quaal, die wie mit gluͤ¬
henden Meſſern in mir wuͤhlte! — Gedanken der
Hoͤlle ſtiegen in mir auf. Vergebens las ich in
Angiola's leichenblaſſem Geſicht, in ihren Thraͤ¬

S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0281" n="273"/>
beugte, je weniger <hi rendition="#g">Angiola</hi> auch nur ein Wort<lb/>
der Klage ho&#x0364;ren ließ.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der immer mehr in mein Inner&#x017F;tes herein¬<lb/>
zehrende Gram, erzeugt von &#x017F;tets geta&#x0364;u&#x017F;chter<lb/>
Hoffnung, wenn ich immer vergebens Kra&#x0364;fte auf¬<lb/>
bot, die nicht mehr mein waren, ver&#x017F;etzte mich<lb/>
bald in einen Zu&#x017F;tand, der dem Wahn&#x017F;inne gleich<lb/>
zu achten war. Mein Weib gebar mir einen<lb/>
Sohn, das vollendete mein Elend und der lange<lb/>
verhaltene Groll brach aus in hell aufflammen¬<lb/>
den Haß. <hi rendition="#g">Sie Sie</hi> allein &#x017F;chuf mein Unglu&#x0364;ck.<lb/>
Nein &#x2014; Sie war nicht das Ideal, das mir er¬<lb/>
&#x017F;chien, nur mir zum rettungslo&#x017F;en Verderben<lb/>
hatte &#x017F;ie tru&#x0364;geri&#x017F;ch jenes Himmelsweibes Ge&#x017F;talt<lb/>
und Ge&#x017F;icht geborgt. In wilder Verzweiflung<lb/>
fluchte ich ihr und dem un&#x017F;chuldigen Kinde. &#x2014; Ich<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte beider Tod, damit ich erlo&#x0364;&#x017F;t werden<lb/>
mo&#x0364;ge von der unertra&#x0364;glichen Quaal, die wie mit glu&#x0364;¬<lb/>
henden Me&#x017F;&#x017F;ern in mir wu&#x0364;hlte! &#x2014; Gedanken der<lb/>
Ho&#x0364;lle &#x017F;tiegen in mir auf. Vergebens las ich in<lb/><hi rendition="#g">Angiola's</hi> leichenbla&#x017F;&#x017F;em Ge&#x017F;icht, in ihren Thra&#x0364;¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0281] beugte, je weniger Angiola auch nur ein Wort der Klage hoͤren ließ. „Der immer mehr in mein Innerſtes herein¬ zehrende Gram, erzeugt von ſtets getaͤuſchter Hoffnung, wenn ich immer vergebens Kraͤfte auf¬ bot, die nicht mehr mein waren, verſetzte mich bald in einen Zuſtand, der dem Wahnſinne gleich zu achten war. Mein Weib gebar mir einen Sohn, das vollendete mein Elend und der lange verhaltene Groll brach aus in hell aufflammen¬ den Haß. Sie Sie allein ſchuf mein Ungluͤck. Nein — Sie war nicht das Ideal, das mir er¬ ſchien, nur mir zum rettungsloſen Verderben hatte ſie truͤgeriſch jenes Himmelsweibes Geſtalt und Geſicht geborgt. In wilder Verzweiflung fluchte ich ihr und dem unſchuldigen Kinde. — Ich wuͤnſchte beider Tod, damit ich erloͤſt werden moͤge von der unertraͤglichen Quaal, die wie mit gluͤ¬ henden Meſſern in mir wuͤhlte! — Gedanken der Hoͤlle ſtiegen in mir auf. Vergebens las ich in Angiola's leichenblaſſem Geſicht, in ihren Thraͤ¬ S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/281
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/281>, abgerufen am 22.11.2024.