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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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allen nöthigen Bedürfnissen zu versehen, und so
kamen sie glücklich nach M. im südlichen Deutsch¬
land, wo Berthold sich niederzulassen, und
durch die Kunst sich zu ernähren gedachte. --
War's denn nicht ein nie geträumtes, nie ge¬
ahnetes Glück, daß Angiola, das himmlisch-
schöne Weib, das Ideal seiner wonnigsten Künst¬
lerträume sein werden müßte, unerachtet sich alle
Verhältnisse des Lebens, wie eine unübersteigbare
Mauer zwischen ihm und der Geliebten aufthürm¬
ten? -- Berthold konnte in der That dies
Glück kaum fassen, und schwelgte in namenlosen
Wonnen, bis lauter und lauter die innere Stimme
ihn mahnte, seiner Kunst zu gedenken. In M.
beschloß er seinen Ruf durch ein großes Gemählde
zu begründen, das er für die dortige Marien¬
kirche mahlen wollte. Der einfache Gedanke,
Maria und Elisabeth in einem schönen Gar¬
ten auf einem Rasen sitzend, die Kinder Christus
und Johannes vor ihnen im Grase spielend, sollte
der ganze Vorwurf des Bildes seyn, aber verge¬

allen noͤthigen Beduͤrfniſſen zu verſehen, und ſo
kamen ſie gluͤcklich nach M. im ſuͤdlichen Deutſch¬
land, wo Berthold ſich niederzulaſſen, und
durch die Kunſt ſich zu ernaͤhren gedachte. —
War's denn nicht ein nie getraͤumtes, nie ge¬
ahnetes Gluͤck, daß Angiola, das himmliſch-
ſchoͤne Weib, das Ideal ſeiner wonnigſten Kuͤnſt¬
lertraͤume ſein werden muͤßte, unerachtet ſich alle
Verhaͤltniſſe des Lebens, wie eine unuͤberſteigbare
Mauer zwiſchen ihm und der Geliebten aufthuͤrm¬
ten? — Berthold konnte in der That dies
Gluͤck kaum faſſen, und ſchwelgte in namenloſen
Wonnen, bis lauter und lauter die innere Stimme
ihn mahnte, ſeiner Kunſt zu gedenken. In M.
beſchloß er ſeinen Ruf durch ein großes Gemaͤhlde
zu begruͤnden, das er fuͤr die dortige Marien¬
kirche mahlen wollte. Der einfache Gedanke,
Maria und Eliſabeth in einem ſchoͤnen Gar¬
ten auf einem Raſen ſitzend, die Kinder Chriſtus
und Johannes vor ihnen im Graſe ſpielend, ſollte
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[271/0279] allen noͤthigen Beduͤrfniſſen zu verſehen, und ſo kamen ſie gluͤcklich nach M. im ſuͤdlichen Deutſch¬ land, wo Berthold ſich niederzulaſſen, und durch die Kunſt ſich zu ernaͤhren gedachte. — War's denn nicht ein nie getraͤumtes, nie ge¬ ahnetes Gluͤck, daß Angiola, das himmliſch- ſchoͤne Weib, das Ideal ſeiner wonnigſten Kuͤnſt¬ lertraͤume ſein werden muͤßte, unerachtet ſich alle Verhaͤltniſſe des Lebens, wie eine unuͤberſteigbare Mauer zwiſchen ihm und der Geliebten aufthuͤrm¬ ten? — Berthold konnte in der That dies Gluͤck kaum faſſen, und ſchwelgte in namenloſen Wonnen, bis lauter und lauter die innere Stimme ihn mahnte, ſeiner Kunſt zu gedenken. In M. beſchloß er ſeinen Ruf durch ein großes Gemaͤhlde zu begruͤnden, das er fuͤr die dortige Marien¬ kirche mahlen wollte. Der einfache Gedanke, Maria und Eliſabeth in einem ſchoͤnen Gar¬ ten auf einem Raſen ſitzend, die Kinder Chriſtus und Johannes vor ihnen im Graſe ſpielend, ſollte der ganze Vorwurf des Bildes ſeyn, aber verge¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/279>, abgerufen am 22.11.2024.