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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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gen, daß Du erwacht bist, Du mein Retter,
mein Alles!" -- Berthold richtete sich auf,
er wähnte zu träumen, er blickte mit starren
Augen die Prinzessin an -- ja sie war es selbst --
die herrliche Himmelsgestalt, die den Götterfun¬
ken in seiner Brust entzündet. -- "Ist es mög¬
lich -- ist es wahr -- lebe ich denn?" rief er
aus. "Ja, Du lebst," sprach die Prinzessin --
"Du lebst für mich; was Du nicht zu hoffen wag¬
test, geschah wie durch ein Wunder. O, ich kenne
Dich wohl, Du bist der deutsche Mahler Ber¬
thold, Du liebtest mich ja, und verherrlichtest
mich in Deinen schönsten Gemählden. -- Konnte
ich denn Dein seyn? -- Aber nun bin ich es
immerdar und ewig. -- Laß uns fliehen, o laß
uns fliehen!" -- Ein sonderbares Gefühl, wie
wenn jählinger Schmerz süße Träume zerstört,
durchzuckte Berthold bei diesen Worten der
Prinzessin. Doch als das holde Weib ihn mit
den vollen schneeweißen Armen umfing, als er sie
ungestüm an seinen Busen drückte, da durchbeb¬

gen, daß Du erwacht biſt, Du mein Retter,
mein Alles!“ — Berthold richtete ſich auf,
er waͤhnte zu traͤumen, er blickte mit ſtarren
Augen die Prinzeſſin an — ja ſie war es ſelbſt —
die herrliche Himmelsgeſtalt, die den Goͤtterfun¬
ken in ſeiner Bruſt entzuͤndet. — „Iſt es moͤg¬
lich — iſt es wahr — lebe ich denn?“ rief er
aus. „Ja, Du lebſt,“ ſprach die Prinzeſſin —
„Du lebſt fuͤr mich; was Du nicht zu hoffen wag¬
teſt, geſchah wie durch ein Wunder. O, ich kenne
Dich wohl, Du biſt der deutſche Mahler Ber¬
thold, Du liebteſt mich ja, und verherrlichteſt
mich in Deinen ſchoͤnſten Gemaͤhlden. — Konnte
ich denn Dein ſeyn? — Aber nun bin ich es
immerdar und ewig. — Laß uns fliehen, o laß
uns fliehen!“ — Ein ſonderbares Gefuͤhl, wie
wenn jaͤhlinger Schmerz ſuͤße Traͤume zerſtoͤrt,
durchzuckte Berthold bei dieſen Worten der
Prinzeſſin. Doch als das holde Weib ihn mit
den vollen ſchneeweißen Armen umfing, als er ſie
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[269/0277] gen, daß Du erwacht biſt, Du mein Retter, mein Alles!“ — Berthold richtete ſich auf, er waͤhnte zu traͤumen, er blickte mit ſtarren Augen die Prinzeſſin an — ja ſie war es ſelbſt — die herrliche Himmelsgeſtalt, die den Goͤtterfun¬ ken in ſeiner Bruſt entzuͤndet. — „Iſt es moͤg¬ lich — iſt es wahr — lebe ich denn?“ rief er aus. „Ja, Du lebſt,“ ſprach die Prinzeſſin — „Du lebſt fuͤr mich; was Du nicht zu hoffen wag¬ teſt, geſchah wie durch ein Wunder. O, ich kenne Dich wohl, Du biſt der deutſche Mahler Ber¬ thold, Du liebteſt mich ja, und verherrlichteſt mich in Deinen ſchoͤnſten Gemaͤhlden. — Konnte ich denn Dein ſeyn? — Aber nun bin ich es immerdar und ewig. — Laß uns fliehen, o laß uns fliehen!“ — Ein ſonderbares Gefuͤhl, wie wenn jaͤhlinger Schmerz ſuͤße Traͤume zerſtoͤrt, durchzuckte Berthold bei dieſen Worten der Prinzeſſin. Doch als das holde Weib ihn mit den vollen ſchneeweißen Armen umfing, als er ſie ungeſtuͤm an ſeinen Buſen druͤckte, da durchbeb¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/277>, abgerufen am 20.05.2024.