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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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Es ist die Prinzessin -- es ist Berthold's
Ideal! -- Bewußtlos vor Entsetzen, springt
Berthold hinzu -- den Lazzarone bei der
Gurgel packen -- ihn zu Boden werfen, ihm
sein eignes Messer in die Kehle stoßen -- die
Prinzessin in die Arme nehmen -- mit ihr flie¬
hen durch die flammenden Säle -- die Treppen
hinab -- fort fort, durch das dickste Volksge¬
wühl -- Alles das ist die That eines Mo¬
ments! -- Keiner hielt den fliehenden Ber¬
thold
auf, mit dem blutigen Messer in der
Hand, vom Dampfe schwarz gefärbt, in zerrisse¬
nen Kleidern sah das Volk in ihm den Mörder
und Plünderer, und gönnte ihm seine Beute.
In einem öden Winkel der Stadt unter einem
alten Gemäuer, in das er, wie aus Instinkt, sich
vor der Gefahr zu verbergen gelaufen, sank er
ohnmächtig nieder. Als er erwachte, kniete die
Prinzessin neben ihm, und wusch seine Stirne
mit kaltem Wasser. "O Dank!" -- lispelte sie
mit wunderlieblicher Stimme; "Dank den Heili¬

Es iſt die Prinzeſſin — es iſt Berthold's
Ideal! — Bewußtlos vor Entſetzen, ſpringt
Berthold hinzu — den Lazzarone bei der
Gurgel packen — ihn zu Boden werfen, ihm
ſein eignes Meſſer in die Kehle ſtoßen — die
Prinzeſſin in die Arme nehmen — mit ihr flie¬
hen durch die flammenden Saͤle — die Treppen
hinab — fort fort, durch das dickſte Volksge¬
wuͤhl — Alles das iſt die That eines Mo¬
ments! — Keiner hielt den fliehenden Ber¬
thold
auf, mit dem blutigen Meſſer in der
Hand, vom Dampfe ſchwarz gefaͤrbt, in zerriſſe¬
nen Kleidern ſah das Volk in ihm den Moͤrder
und Pluͤnderer, und goͤnnte ihm ſeine Beute.
In einem oͤden Winkel der Stadt unter einem
alten Gemaͤuer, in das er, wie aus Inſtinkt, ſich
vor der Gefahr zu verbergen gelaufen, ſank er
ohnmaͤchtig nieder. Als er erwachte, kniete die
Prinzeſſin neben ihm, und wuſch ſeine Stirne
mit kaltem Waſſer. „O Dank!“ — liſpelte ſie
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[268/0276] Es iſt die Prinzeſſin — es iſt Berthold's Ideal! — Bewußtlos vor Entſetzen, ſpringt Berthold hinzu — den Lazzarone bei der Gurgel packen — ihn zu Boden werfen, ihm ſein eignes Meſſer in die Kehle ſtoßen — die Prinzeſſin in die Arme nehmen — mit ihr flie¬ hen durch die flammenden Saͤle — die Treppen hinab — fort fort, durch das dickſte Volksge¬ wuͤhl — Alles das iſt die That eines Mo¬ ments! — Keiner hielt den fliehenden Ber¬ thold auf, mit dem blutigen Meſſer in der Hand, vom Dampfe ſchwarz gefaͤrbt, in zerriſſe¬ nen Kleidern ſah das Volk in ihm den Moͤrder und Pluͤnderer, und goͤnnte ihm ſeine Beute. In einem oͤden Winkel der Stadt unter einem alten Gemaͤuer, in das er, wie aus Inſtinkt, ſich vor der Gefahr zu verbergen gelaufen, ſank er ohnmaͤchtig nieder. Als er erwachte, kniete die Prinzeſſin neben ihm, und wuſch ſeine Stirne mit kaltem Waſſer. „O Dank!“ — liſpelte ſie mit wunderlieblicher Stimme; „Dank den Heili¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/276>, abgerufen am 17.05.2024.