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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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auf mich zu, faßte meine Hand und sprach mit
gebrochener Stimme: "Könnten Sie einen Augen¬
blick ihres Lebens ruhigen, heitern Geistes seyn,
wenn Sie Sich eines gräßlichen, nie zu sühnen¬
den Verbrechens bewußt wären?" -- Erstarrt
blieb ich stehen. Die hellen Sonnenstrahlen fielen
in des Mahlers leichenblasses zerstörtes Gesicht, und
er war beinahe gespenstisch anzusehen, als er fort¬
wankte durch die kleine Pforte in das Innere
des Collegiums. --

Kaum erwarten konnte ich am folgenden Tage
die Stunde, die mir Professor Walther zum
Wiedersehen bestimmt hatte. Ich erzählte ihm
den ganzen Auftritt der vorigen Nacht, der mich
nicht wenig aufgeregt hatte; ich schilderte mit den
lebendigsten Farben des Mahlers wunderliches
Benehmen, und verschwieg kein Wort, das er ge¬
sprochen, selbst das nicht, was ihn selbst betroffen.
Je mehr ich aber auf des Professors Theilnahme
hoffte, desto gleichgültiger schien er mir, ja er
lächelte selbst über mich auf eine höchst widrige

auf mich zu, faßte meine Hand und ſprach mit
gebrochener Stimme: „Koͤnnten Sie einen Augen¬
blick ihres Lebens ruhigen, heitern Geiſtes ſeyn,
wenn Sie Sich eines graͤßlichen, nie zu ſuͤhnen¬
den Verbrechens bewußt waͤren?“ — Erſtarrt
blieb ich ſtehen. Die hellen Sonnenſtrahlen fielen
in des Mahlers leichenblaſſes zerſtoͤrtes Geſicht, und
er war beinahe geſpenſtiſch anzuſehen, als er fort¬
wankte durch die kleine Pforte in das Innere
des Collegiums. —

Kaum erwarten konnte ich am folgenden Tage
die Stunde, die mir Profeſſor Walther zum
Wiederſehen beſtimmt hatte. Ich erzaͤhlte ihm
den ganzen Auftritt der vorigen Nacht, der mich
nicht wenig aufgeregt hatte; ich ſchilderte mit den
lebendigſten Farben des Mahlers wunderliches
Benehmen, und verſchwieg kein Wort, das er ge¬
ſprochen, ſelbſt das nicht, was ihn ſelbſt betroffen.
Je mehr ich aber auf des Profeſſors Theilnahme
hoffte, deſto gleichguͤltiger ſchien er mir, ja er
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[234/0242] auf mich zu, faßte meine Hand und ſprach mit gebrochener Stimme: „Koͤnnten Sie einen Augen¬ blick ihres Lebens ruhigen, heitern Geiſtes ſeyn, wenn Sie Sich eines graͤßlichen, nie zu ſuͤhnen¬ den Verbrechens bewußt waͤren?“ — Erſtarrt blieb ich ſtehen. Die hellen Sonnenſtrahlen fielen in des Mahlers leichenblaſſes zerſtoͤrtes Geſicht, und er war beinahe geſpenſtiſch anzuſehen, als er fort¬ wankte durch die kleine Pforte in das Innere des Collegiums. — Kaum erwarten konnte ich am folgenden Tage die Stunde, die mir Profeſſor Walther zum Wiederſehen beſtimmt hatte. Ich erzaͤhlte ihm den ganzen Auftritt der vorigen Nacht, der mich nicht wenig aufgeregt hatte; ich ſchilderte mit den lebendigſten Farben des Mahlers wunderliches Benehmen, und verſchwieg kein Wort, das er ge¬ ſprochen, ſelbſt das nicht, was ihn ſelbſt betroffen. Je mehr ich aber auf des Profeſſors Theilnahme hoffte, deſto gleichguͤltiger ſchien er mir, ja er laͤchelte ſelbſt uͤber mich auf eine hoͤchſt widrige

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/242>, abgerufen am 23.11.2024.