Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

thätig nährt! -- Violett Numero zwei -- frisch
Junge! -- das Ideal ist ein schnöder lügnerischer
Traum vom gährenden Blute erzeugt. -- Die
Töpfe weg, Junge -- ich steige herab. -- Der
Teufel narrt uns mit Puppen, denen er Engels¬
fittige angeleimt." -- Nicht möglich ist es mir,
alles das wörtlich zu wiederholen, was Ber¬
thold
sprach, indem er rasch fortmahlte, und mich
ganz wie seinen Handlanger brauchte. In der
angegebenen Manier fuhr er fort, die Beschränkt¬
heit alles irdischen Beginnens auf das bitterste
zu verhöhnen; ach er schaute in die Tiefe eines
auf den Tod verwundeten Gemüths, dessen Klage
sich nur in schneidender Ironie erhebt. Der Mor¬
gen dämmerte, der Schein der Fackel verblaßte
vor den hereinbrechenden Sonnenstrahlen. Ber¬
thold
mahlte eifrig fort, aber er wurde stiller und
stiller und nur einzelne Laute -- zuletzt nur Seuf¬
zer, entflohen der gepreßten Brust. Er hatte den
ganzen Altar mit gehöriger Farbenabstufung an¬
gelegt, und schon jetzt, ohne weiter ausgeführt zu

thaͤtig naͤhrt! — Violett Numero zwei — friſch
Junge! — das Ideal iſt ein ſchnoͤder luͤgneriſcher
Traum vom gaͤhrenden Blute erzeugt. — Die
Toͤpfe weg, Junge — ich ſteige herab. — Der
Teufel narrt uns mit Puppen, denen er Engels¬
fittige angeleimt.“ — Nicht moͤglich iſt es mir,
alles das woͤrtlich zu wiederholen, was Ber¬
thold
ſprach, indem er raſch fortmahlte, und mich
ganz wie ſeinen Handlanger brauchte. In der
angegebenen Manier fuhr er fort, die Beſchraͤnkt¬
heit alles irdiſchen Beginnens auf das bitterſte
zu verhoͤhnen; ach er ſchaute in die Tiefe eines
auf den Tod verwundeten Gemuͤths, deſſen Klage
ſich nur in ſchneidender Ironie erhebt. Der Mor¬
gen daͤmmerte, der Schein der Fackel verblaßte
vor den hereinbrechenden Sonnenſtrahlen. Ber¬
thold
mahlte eifrig fort, aber er wurde ſtiller und
ſtiller und nur einzelne Laute — zuletzt nur Seuf¬
zer, entflohen der gepreßten Bruſt. Er hatte den
ganzen Altar mit gehoͤriger Farbenabſtufung an¬
gelegt, und ſchon jetzt, ohne weiter ausgefuͤhrt zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0240" n="232"/>
tha&#x0364;tig na&#x0364;hrt! &#x2014; Violett Numero zwei &#x2014; fri&#x017F;ch<lb/>
Junge! &#x2014; das Ideal i&#x017F;t ein &#x017F;chno&#x0364;der lu&#x0364;gneri&#x017F;cher<lb/>
Traum vom ga&#x0364;hrenden Blute erzeugt. &#x2014; Die<lb/>
To&#x0364;pfe weg, Junge &#x2014; ich &#x017F;teige herab. &#x2014; Der<lb/>
Teufel narrt uns mit Puppen, denen er Engels¬<lb/>
fittige angeleimt.&#x201C; &#x2014; Nicht mo&#x0364;glich i&#x017F;t es mir,<lb/>
alles das wo&#x0364;rtlich zu wiederholen, was <hi rendition="#g">Ber¬<lb/>
thold</hi> &#x017F;prach, indem er ra&#x017F;ch fortmahlte, und mich<lb/>
ganz wie &#x017F;einen Handlanger brauchte. In der<lb/>
angegebenen Manier fuhr er fort, die Be&#x017F;chra&#x0364;nkt¬<lb/>
heit alles irdi&#x017F;chen Beginnens auf das bitter&#x017F;te<lb/>
zu verho&#x0364;hnen; ach er &#x017F;chaute in die Tiefe eines<lb/>
auf den Tod verwundeten Gemu&#x0364;ths, de&#x017F;&#x017F;en Klage<lb/>
&#x017F;ich nur in &#x017F;chneidender Ironie erhebt. Der Mor¬<lb/>
gen da&#x0364;mmerte, der Schein der Fackel verblaßte<lb/>
vor den hereinbrechenden Sonnen&#x017F;trahlen. <hi rendition="#g">Ber¬<lb/>
thold</hi> mahlte eifrig fort, aber er wurde &#x017F;tiller und<lb/>
&#x017F;tiller und nur einzelne Laute &#x2014; zuletzt nur Seuf¬<lb/>
zer, entflohen der gepreßten Bru&#x017F;t. Er hatte den<lb/>
ganzen Altar mit geho&#x0364;riger Farbenab&#x017F;tufung an¬<lb/>
gelegt, und &#x017F;chon jetzt, ohne weiter ausgefu&#x0364;hrt zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0240] thaͤtig naͤhrt! — Violett Numero zwei — friſch Junge! — das Ideal iſt ein ſchnoͤder luͤgneriſcher Traum vom gaͤhrenden Blute erzeugt. — Die Toͤpfe weg, Junge — ich ſteige herab. — Der Teufel narrt uns mit Puppen, denen er Engels¬ fittige angeleimt.“ — Nicht moͤglich iſt es mir, alles das woͤrtlich zu wiederholen, was Ber¬ thold ſprach, indem er raſch fortmahlte, und mich ganz wie ſeinen Handlanger brauchte. In der angegebenen Manier fuhr er fort, die Beſchraͤnkt¬ heit alles irdiſchen Beginnens auf das bitterſte zu verhoͤhnen; ach er ſchaute in die Tiefe eines auf den Tod verwundeten Gemuͤths, deſſen Klage ſich nur in ſchneidender Ironie erhebt. Der Mor¬ gen daͤmmerte, der Schein der Fackel verblaßte vor den hereinbrechenden Sonnenſtrahlen. Ber¬ thold mahlte eifrig fort, aber er wurde ſtiller und ſtiller und nur einzelne Laute — zuletzt nur Seuf¬ zer, entflohen der gepreßten Bruſt. Er hatte den ganzen Altar mit gehoͤriger Farbenabſtufung an¬ gelegt, und ſchon jetzt, ohne weiter ausgefuͤhrt zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/240
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/240>, abgerufen am 05.05.2024.