Kästchen herbei, um es hinabzuwerfen; als er aber an's Fenster trat, war Denner verschwun¬ den, und unerachtet die Doggen die ganze Ge¬ gend rings ums Haus durchspüren mußten, war es doch nicht möglich ihn aufzufinden. Andres sah nun wohl ein, wie er, Denner's Bosheit ausgesetzt, nun in großer Gefahr schwebe; er war daher allnächtlich auf seiner Hut, indessen blieb alles ruhig und Andres überzeugte sich, daß Denner nur allein den Wald durchstrichen hatte. Um indessen seinen ängstlichen Zustand zu enden, ja um sein Gewissen zu beruhigen, das ihn mit Vorwürfen quälte, beschloß er nun nicht länger zu schweigen, sondern dem Rath in Fulda sein ganzes unverschuldetes Verhältniß mit Denner zu berichten und zugleich das Kistchen mit den Kleinodien abzuliefern. Andres wußte wohl, daß er ohne Strafe nicht abkommen würde, jedoch verließ er sich auf sein reuiges Bekenntniß eines Fehltritts, zu dem ihn der verruchte Ignaz Denner, wie der Satan selbst, verlockt und ge¬
Kaͤſtchen herbei, um es hinabzuwerfen; als er aber an's Fenſter trat, war Denner verſchwun¬ den, und unerachtet die Doggen die ganze Ge¬ gend rings ums Haus durchſpuͤren mußten, war es doch nicht moͤglich ihn aufzufinden. Andres ſah nun wohl ein, wie er, Denner's Bosheit ausgeſetzt, nun in großer Gefahr ſchwebe; er war daher allnaͤchtlich auf ſeiner Hut, indeſſen blieb alles ruhig und Andres uͤberzeugte ſich, daß Denner nur allein den Wald durchſtrichen hatte. Um indeſſen ſeinen aͤngſtlichen Zuſtand zu enden, ja um ſein Gewiſſen zu beruhigen, das ihn mit Vorwuͤrfen quaͤlte, beſchloß er nun nicht laͤnger zu ſchweigen, ſondern dem Rath in Fulda ſein ganzes unverſchuldetes Verhaͤltniß mit Denner zu berichten und zugleich das Kiſtchen mit den Kleinodien abzuliefern. Andres wußte wohl, daß er ohne Strafe nicht abkommen wuͤrde, jedoch verließ er ſich auf ſein reuiges Bekenntniß eines Fehltritts, zu dem ihn der verruchte Ignaz Denner, wie der Satan ſelbſt, verlockt und ge¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0145"n="137"/>
Kaͤſtchen herbei, um es hinabzuwerfen; als er<lb/>
aber an's Fenſter trat, war <hirendition="#g">Denner</hi> verſchwun¬<lb/>
den, und unerachtet die Doggen die ganze Ge¬<lb/>
gend rings ums Haus durchſpuͤren mußten, war<lb/>
es doch nicht moͤglich ihn aufzufinden. <hirendition="#g">Andres</hi><lb/>ſah nun wohl ein, wie er, <hirendition="#g">Denner's</hi> Bosheit<lb/>
ausgeſetzt, nun in großer Gefahr ſchwebe; er war<lb/>
daher allnaͤchtlich auf ſeiner Hut, indeſſen blieb<lb/>
alles ruhig und <hirendition="#g">Andres</hi> uͤberzeugte ſich, daß<lb/><hirendition="#g">Denner</hi> nur allein den Wald durchſtrichen hatte.<lb/>
Um indeſſen ſeinen aͤngſtlichen Zuſtand zu enden,<lb/>
ja um ſein Gewiſſen zu beruhigen, das ihn mit<lb/>
Vorwuͤrfen quaͤlte, beſchloß er nun nicht laͤnger<lb/>
zu ſchweigen, ſondern dem Rath in Fulda ſein<lb/>
ganzes unverſchuldetes Verhaͤltniß mit <hirendition="#g">Denner</hi><lb/>
zu berichten und zugleich das Kiſtchen mit den<lb/>
Kleinodien abzuliefern. <hirendition="#g">Andres</hi> wußte wohl,<lb/>
daß er ohne Strafe nicht abkommen wuͤrde,<lb/>
jedoch verließ er ſich auf ſein reuiges Bekenntniß<lb/>
eines Fehltritts, zu dem ihn der verruchte <hirendition="#g">Ignaz<lb/>
Denner</hi>, wie der Satan ſelbſt, verlockt und ge¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[137/0145]
Kaͤſtchen herbei, um es hinabzuwerfen; als er
aber an's Fenſter trat, war Denner verſchwun¬
den, und unerachtet die Doggen die ganze Ge¬
gend rings ums Haus durchſpuͤren mußten, war
es doch nicht moͤglich ihn aufzufinden. Andres
ſah nun wohl ein, wie er, Denner's Bosheit
ausgeſetzt, nun in großer Gefahr ſchwebe; er war
daher allnaͤchtlich auf ſeiner Hut, indeſſen blieb
alles ruhig und Andres uͤberzeugte ſich, daß
Denner nur allein den Wald durchſtrichen hatte.
Um indeſſen ſeinen aͤngſtlichen Zuſtand zu enden,
ja um ſein Gewiſſen zu beruhigen, das ihn mit
Vorwuͤrfen quaͤlte, beſchloß er nun nicht laͤnger
zu ſchweigen, ſondern dem Rath in Fulda ſein
ganzes unverſchuldetes Verhaͤltniß mit Denner
zu berichten und zugleich das Kiſtchen mit den
Kleinodien abzuliefern. Andres wußte wohl,
daß er ohne Strafe nicht abkommen wuͤrde,
jedoch verließ er ſich auf ſein reuiges Bekenntniß
eines Fehltritts, zu dem ihn der verruchte Ignaz
Denner, wie der Satan ſelbſt, verlockt und ge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/145>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.