"täuscht sahen, erst murrten und dann ausbrachen in "lichterlohen Zorn. Sie beschuldigten mich des schnö¬ "desten Betruges, und wollten mir, da sie sich im¬ "mer mehr erhitzten und keine Entschuldigung mehr "hörten, zu Leibe, um selbst Rache zu nehmen. "Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬ "gehen, besseres thun, als sogleich das große Mi¬ "kroskop in Bewegung setzen und die Leute ganz ein¬ "hüllen in Creaturen, vor denen sie sich entsetzten, "wie das dem Pöbel eigen." --
"Aber," fragte Pepusch, "aber sagt mir nur "Leuwenhöck, wie es geschehen konnte, daß Euch Eure "wohlexerzirte Mannschaft, die so viel Treue bewie¬ "sen, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne "daß Ihr es sogleich gewahr wurdet?"
"O," jammerte der Flohbändiger, "o Pepusch! "er hat mich verlassen, er, durch den allein ich "Herrscher war und er ist es, dessen bösem Verrath "ich meine Blindheit, all mein Unglück zuschreibe!"
"Hab' ich," erwiederte Pepusch, "hab' ich Euch "nicht schon längst gewarnt, Eure Sache nicht auf "Künsteleien zu stellen, die Ihr, ich weiß es, ohne "den Besitz des Meisters nicht vollbringen könnet und "wie dieser Besitz aller Mühe unerachtet doch auf dem "Spiele steht, habt Ihr eben jetzt erfahren." --
»täuſcht ſahen, erſt murrten und dann ausbrachen in »lichterlohen Zorn. Sie beſchuldigten mich des ſchnö¬ »deſten Betruges, und wollten mir, da ſie ſich im¬ »mer mehr erhitzten und keine Entſchuldigung mehr »hörten, zu Leibe, um ſelbſt Rache zu nehmen. »Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬ »gehen, beſſeres thun, als ſogleich das große Mi¬ »kroskop in Bewegung ſetzen und die Leute ganz ein¬ »hüllen in Creaturen, vor denen ſie ſich entſetzten, »wie das dem Pöbel eigen.» —
»Aber,» fragte Pepuſch, »aber ſagt mir nur »Leuwenhöck, wie es geſchehen konnte, daß Euch Eure »wohlexerzirte Mannſchaft, die ſo viel Treue bewie¬ »ſen, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne »daß Ihr es ſogleich gewahr wurdet?»
»O,» jammerte der Flohbändiger, »o Pepuſch! »er hat mich verlaſſen, er, durch den allein ich »Herrſcher war und er iſt es, deſſen böſem Verrath »ich meine Blindheit, all mein Unglück zuſchreibe!»
»Hab' ich,» erwiederte Pepuſch, »hab' ich Euch »nicht ſchon längſt gewarnt, Eure Sache nicht auf »Künſteleien zu ſtellen, die Ihr, ich weiß es, ohne »den Beſitz des Meiſters nicht vollbringen könnet und »wie dieſer Beſitz aller Mühe unerachtet doch auf dem »Spiele ſteht, habt Ihr eben jetzt erfahren.» —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0057"n="52"/>
»täuſcht ſahen, erſt murrten und dann ausbrachen in<lb/>
»lichterlohen Zorn. Sie beſchuldigten mich des ſchnö¬<lb/>
»deſten Betruges, und wollten mir, da ſie ſich im¬<lb/>
»mer mehr erhitzten und keine Entſchuldigung mehr<lb/>
»hörten, zu Leibe, um ſelbſt Rache zu nehmen.<lb/>
»Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬<lb/>
»gehen, beſſeres thun, als ſogleich das große Mi¬<lb/>
»kroskop in Bewegung ſetzen und die Leute ganz ein¬<lb/>
»hüllen in Creaturen, vor denen ſie ſich entſetzten,<lb/>
»wie das dem Pöbel eigen.» —</p><lb/><p>»Aber,» fragte Pepuſch, »aber ſagt mir nur<lb/>
»Leuwenhöck, wie es geſchehen konnte, daß Euch Eure<lb/>
»wohlexerzirte Mannſchaft, die ſo viel Treue bewie¬<lb/>
»ſen, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne<lb/>
»daß Ihr es ſogleich gewahr wurdet?»</p><lb/><p>»O,» jammerte der Flohbändiger, »o Pepuſch!<lb/>
»<hirendition="#g">er</hi> hat mich verlaſſen, <hirendition="#g">er</hi>, durch den allein ich<lb/>
»Herrſcher war und <hirendition="#g">er</hi> iſt es, deſſen böſem Verrath<lb/>
»ich meine Blindheit, all mein Unglück zuſchreibe!»</p><lb/><p>»Hab' ich,» erwiederte Pepuſch, »hab' ich Euch<lb/>
»nicht ſchon längſt gewarnt, Eure Sache nicht auf<lb/>
»Künſteleien zu ſtellen, die Ihr, ich weiß es, ohne<lb/>
»den Beſitz des Meiſters nicht vollbringen könnet und<lb/>
»wie dieſer Beſitz aller Mühe unerachtet doch auf dem<lb/>
»Spiele ſteht, habt Ihr eben jetzt erfahren.» —<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[52/0057]
»täuſcht ſahen, erſt murrten und dann ausbrachen in
»lichterlohen Zorn. Sie beſchuldigten mich des ſchnö¬
»deſten Betruges, und wollten mir, da ſie ſich im¬
»mer mehr erhitzten und keine Entſchuldigung mehr
»hörten, zu Leibe, um ſelbſt Rache zu nehmen.
»Was konnt' ich, um einer Tracht Schläge zu ent¬
»gehen, beſſeres thun, als ſogleich das große Mi¬
»kroskop in Bewegung ſetzen und die Leute ganz ein¬
»hüllen in Creaturen, vor denen ſie ſich entſetzten,
»wie das dem Pöbel eigen.» —
»Aber,» fragte Pepuſch, »aber ſagt mir nur
»Leuwenhöck, wie es geſchehen konnte, daß Euch Eure
»wohlexerzirte Mannſchaft, die ſo viel Treue bewie¬
»ſen, plötzlich auf und davon gehen konnte, ohne
»daß Ihr es ſogleich gewahr wurdet?»
»O,» jammerte der Flohbändiger, »o Pepuſch!
»er hat mich verlaſſen, er, durch den allein ich
»Herrſcher war und er iſt es, deſſen böſem Verrath
»ich meine Blindheit, all mein Unglück zuſchreibe!»
»Hab' ich,» erwiederte Pepuſch, »hab' ich Euch
»nicht ſchon längſt gewarnt, Eure Sache nicht auf
»Künſteleien zu ſtellen, die Ihr, ich weiß es, ohne
»den Beſitz des Meiſters nicht vollbringen könnet und
»wie dieſer Beſitz aller Mühe unerachtet doch auf dem
»Spiele ſteht, habt Ihr eben jetzt erfahren.» —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/57>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.