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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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Rockknöpfe u. s. w. sauber und proportionirlich an¬
zufertigen, und jene Arbeit, die sonst für das Mei¬
sterstück des Schneiders galt und die in nichts geringe¬
rem bestand, als einem Floh ein Paar völlig anschlies¬
sende Reithosen zu liefern, wobei freilich das Anmes¬
sen das schwierigste, schien dagegen als etwas ganz
Leichtes und Geringes.

Der Flohbändiger hatte unendlichen Zuspruch.
Den ganzen Tag wurde der Saal nicht leer von Neu¬
gierigen, die den hohen Eintrittspreis nicht scheuten.
Auch zur Abendzeit war der Besuch zahlreich, ja beinahe
noch zahlreicher, da alsdann auch solche Personen ka¬
men, denen an derlei poßierlichen Künsteleien eben nicht
viel gelegen, um ein Werk zu bewundern, das dem
Flohbändiger ein ganz anderes Ansehen und die wahre
Achtung der Naturforscher erwarb. Dies Werk war
ein Nachtmikroskop, das wie das Sonnenmikroskop
am Tage, einer magischen Laterne ähnlich, den Ge¬
genstand hell erleuchtet mit einer Schärfe und Deut¬
lichkeit auf die weiße Wand warf, die nichts zu wün¬
schen übrig ließ. Dabei trieb der Flohbändiger auch
noch Handel mit den schönsten Mikroskopen, die man
nur finden konnte und die man gern sehr theuer be¬
zahlte. --

Rockknöpfe u. ſ. w. ſauber und proportionirlich an¬
zufertigen, und jene Arbeit, die ſonſt für das Mei¬
ſterſtück des Schneiders galt und die in nichts geringe¬
rem beſtand, als einem Floh ein Paar völlig anſchlieſ¬
ſende Reithoſen zu liefern, wobei freilich das Anmeſ¬
ſen das ſchwierigſte, ſchien dagegen als etwas ganz
Leichtes und Geringes.

Der Flohbändiger hatte unendlichen Zuſpruch.
Den ganzen Tag wurde der Saal nicht leer von Neu¬
gierigen, die den hohen Eintrittspreis nicht ſcheuten.
Auch zur Abendzeit war der Beſuch zahlreich, ja beinahe
noch zahlreicher, da alsdann auch ſolche Perſonen ka¬
men, denen an derlei poßierlichen Künſteleien eben nicht
viel gelegen, um ein Werk zu bewundern, das dem
Flohbändiger ein ganz anderes Anſehen und die wahre
Achtung der Naturforſcher erwarb. Dies Werk war
ein Nachtmikroskop, das wie das Sonnenmikroskop
am Tage, einer magiſchen Laterne ähnlich, den Ge¬
genſtand hell erleuchtet mit einer Schärfe und Deut¬
lichkeit auf die weiße Wand warf, die nichts zu wün¬
ſchen übrig ließ. Dabei trieb der Flohbändiger auch
noch Handel mit den ſchönſten Mikroskopen, die man
nur finden konnte und die man gern ſehr theuer be¬
zahlte. —

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[48/0053] Rockknöpfe u. ſ. w. ſauber und proportionirlich an¬ zufertigen, und jene Arbeit, die ſonſt für das Mei¬ ſterſtück des Schneiders galt und die in nichts geringe¬ rem beſtand, als einem Floh ein Paar völlig anſchlieſ¬ ſende Reithoſen zu liefern, wobei freilich das Anmeſ¬ ſen das ſchwierigſte, ſchien dagegen als etwas ganz Leichtes und Geringes. Der Flohbändiger hatte unendlichen Zuſpruch. Den ganzen Tag wurde der Saal nicht leer von Neu¬ gierigen, die den hohen Eintrittspreis nicht ſcheuten. Auch zur Abendzeit war der Beſuch zahlreich, ja beinahe noch zahlreicher, da alsdann auch ſolche Perſonen ka¬ men, denen an derlei poßierlichen Künſteleien eben nicht viel gelegen, um ein Werk zu bewundern, das dem Flohbändiger ein ganz anderes Anſehen und die wahre Achtung der Naturforſcher erwarb. Dies Werk war ein Nachtmikroskop, das wie das Sonnenmikroskop am Tage, einer magiſchen Laterne ähnlich, den Ge¬ genſtand hell erleuchtet mit einer Schärfe und Deut¬ lichkeit auf die weiße Wand warf, die nichts zu wün¬ ſchen übrig ließ. Dabei trieb der Flohbändiger auch noch Handel mit den ſchönſten Mikroskopen, die man nur finden konnte und die man gern ſehr theuer be¬ zahlte. —

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/53>, abgerufen am 24.11.2024.