sen? Durch Sturm und Wetter ich getrieben von Sehnsucht und Hoffnung umhergelaufen, bis ich Sie fand. Dem Himmel Dank, daß mir dies gelungen. Führen Sie mich nur jetzt nach Hause, lieber Pere¬ grinus, meine Wohnung ist nicht sehr weit entlegen."
Herr Peregrinus entschlug sich mit aller Gewalt des Gedankens, wie es ja ganz unmöglich, daß die Dame, geputzt wie sie war, in weißseidnen Schuhen, auch nur wenige Schritte hatte gehen können, ohne den ganzen Anzug im Sturm, Regen und Schnee zu verderben, statt daß man jetzt auch keine Spur irgend einer Zerrüttung der sorgsamsten Toilette wahrnahm; fand sich darin, die Dame noch weiter zu begleiten, und war nur froh, daß die Witterung sich geändert. Vor¬ über war das tolle Unwetter, kein Wölkchen am Him¬ mel, der Vollmond schien freundlich herab, und nur die schneidend scharfe Luft ließ die Winternacht fühlen.
Kaum war Peregrinus aber einige Schritte ge¬ gangen, als die Dame leise zu wimmern begann, dann aber in laute Klagen ausbrach, daß sie vor Kälte er¬ starren müsse. Peregrinus, dem das Blut glühend¬ heiß durch die Adern strömte, der deshalb nichts von der Kälte empfunden und nicht daran gedacht, daß die Dame so leicht gekleidet und nicht einmal einen Shawl oder ein Tuch umgeworfen hatte, sah plötzlich
ſen? Durch Sturm und Wetter ich getrieben von Sehnſucht und Hoffnung umhergelaufen, bis ich Sie fand. Dem Himmel Dank, daß mir dies gelungen. Führen Sie mich nur jetzt nach Hauſe, lieber Pere¬ grinus, meine Wohnung iſt nicht ſehr weit entlegen.»
Herr Peregrinus entſchlug ſich mit aller Gewalt des Gedankens, wie es ja ganz unmöglich, daß die Dame, geputzt wie ſie war, in weißſeidnen Schuhen, auch nur wenige Schritte hatte gehen können, ohne den ganzen Anzug im Sturm, Regen und Schnee zu verderben, ſtatt daß man jetzt auch keine Spur irgend einer Zerrüttung der ſorgſamſten Toilette wahrnahm; fand ſich darin, die Dame noch weiter zu begleiten, und war nur froh, daß die Witterung ſich geändert. Vor¬ über war das tolle Unwetter, kein Wölkchen am Him¬ mel, der Vollmond ſchien freundlich herab, und nur die ſchneidend ſcharfe Luft ließ die Winternacht fühlen.
Kaum war Peregrinus aber einige Schritte ge¬ gangen, als die Dame leiſe zu wimmern begann, dann aber in laute Klagen ausbrach, daß ſie vor Kälte er¬ ſtarren müſſe. Peregrinus, dem das Blut glühend¬ heiß durch die Adern ſtrömte, der deshalb nichts von der Kälte empfunden und nicht daran gedacht, daß die Dame ſo leicht gekleidet und nicht einmal einen Shawl oder ein Tuch umgeworfen hatte, ſah plötzlich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0043"n="38"/>ſen? Durch Sturm und Wetter ich getrieben von<lb/>
Sehnſucht und Hoffnung umhergelaufen, bis ich Sie<lb/>
fand. Dem Himmel Dank, daß mir dies gelungen.<lb/>
Führen Sie mich nur jetzt nach Hauſe, lieber Pere¬<lb/>
grinus, meine Wohnung iſt nicht ſehr weit entlegen.»</p><lb/><p>Herr Peregrinus entſchlug ſich mit aller Gewalt<lb/>
des Gedankens, wie es ja ganz unmöglich, daß die<lb/>
Dame, geputzt wie ſie war, in weißſeidnen Schuhen,<lb/>
auch nur wenige Schritte hatte gehen können, ohne<lb/>
den ganzen Anzug im Sturm, Regen und Schnee zu<lb/>
verderben, ſtatt daß man jetzt auch keine Spur irgend<lb/>
einer Zerrüttung der ſorgſamſten Toilette wahrnahm;<lb/>
fand ſich darin, die Dame noch weiter zu begleiten, und<lb/>
war nur froh, daß die Witterung ſich geändert. Vor¬<lb/>
über war das tolle Unwetter, kein Wölkchen am Him¬<lb/>
mel, der Vollmond ſchien freundlich herab, und nur<lb/>
die ſchneidend ſcharfe Luft ließ die Winternacht fühlen.</p><lb/><p>Kaum war Peregrinus aber einige Schritte ge¬<lb/>
gangen, als die Dame leiſe zu wimmern begann, dann<lb/>
aber in laute Klagen ausbrach, daß ſie vor Kälte er¬<lb/>ſtarren müſſe. Peregrinus, dem das Blut glühend¬<lb/>
heiß durch die Adern ſtrömte, der deshalb nichts von<lb/>
der Kälte empfunden und nicht daran gedacht, daß<lb/>
die Dame ſo leicht gekleidet und nicht einmal einen<lb/>
Shawl oder ein Tuch umgeworfen hatte, ſah plötzlich<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[38/0043]
ſen? Durch Sturm und Wetter ich getrieben von
Sehnſucht und Hoffnung umhergelaufen, bis ich Sie
fand. Dem Himmel Dank, daß mir dies gelungen.
Führen Sie mich nur jetzt nach Hauſe, lieber Pere¬
grinus, meine Wohnung iſt nicht ſehr weit entlegen.»
Herr Peregrinus entſchlug ſich mit aller Gewalt
des Gedankens, wie es ja ganz unmöglich, daß die
Dame, geputzt wie ſie war, in weißſeidnen Schuhen,
auch nur wenige Schritte hatte gehen können, ohne
den ganzen Anzug im Sturm, Regen und Schnee zu
verderben, ſtatt daß man jetzt auch keine Spur irgend
einer Zerrüttung der ſorgſamſten Toilette wahrnahm;
fand ſich darin, die Dame noch weiter zu begleiten, und
war nur froh, daß die Witterung ſich geändert. Vor¬
über war das tolle Unwetter, kein Wölkchen am Him¬
mel, der Vollmond ſchien freundlich herab, und nur
die ſchneidend ſcharfe Luft ließ die Winternacht fühlen.
Kaum war Peregrinus aber einige Schritte ge¬
gangen, als die Dame leiſe zu wimmern begann, dann
aber in laute Klagen ausbrach, daß ſie vor Kälte er¬
ſtarren müſſe. Peregrinus, dem das Blut glühend¬
heiß durch die Adern ſtrömte, der deshalb nichts von
der Kälte empfunden und nicht daran gedacht, daß
die Dame ſo leicht gekleidet und nicht einmal einen
Shawl oder ein Tuch umgeworfen hatte, ſah plötzlich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/43>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.