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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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"der schöne leuchtende Glücksstern aufgegangen, aber
"es bleibt nun Ihre Sache, sich den Stern günstig
"zu erhalten. Als ich der Kleinen betheuerte, daß
"Sie ganz erstaunlich in sie verliebt und weit entfernt
"wären, mich heirathen zu wollen, meinte sie, daß sie
"sich nicht eher davon überzeugen und Ihnen ihre
"schöne Hand reichen könne, bis Sie ihr einen Wunsch
"gewährt, den sie schon lange im tiefsten Herzen trage.
"Die Kleine behauptet, Sie hätten einen kleinen aller¬
"liebsten Negerknaben bei sich aufgenommen, der aus
"ihrem Dienste entlaufen; ich habe dem zwar wider¬
"sprochen, sie behauptet aber der Bube sey so win¬
"zig klein, daß er in einer Nußschaale wohnen könne.
"Diesen Knaben nun" --

"Daraus wird nichts, "fuhr Peregrinus, der
längst wußte, wo die Alte hinauswollte, heftig auf
und verließ stürmisch Zimmer und Haus.

Es ist eine alte hergebrachte Sitte, daß der Held
der Geschichte, ist er von heftiger Gemüthsbewegung
ergriffen, hinausläuft in den Wald oder wenigstens
in das einsam gelegene Gebüsch. Die Sitte ist darum
gut, weil sie im Leben wirklich herrscht. Hiernach
konnt es sich aber mit Herrn Peregrinus Tyß nicht
anders begeben, als daß er von seinem Hause auf dem
Roßmarkt aus so lange in einem Strich fortrannte,

»der ſchöne leuchtende Glücksſtern aufgegangen, aber
»es bleibt nun Ihre Sache, ſich den Stern günſtig
»zu erhalten. Als ich der Kleinen betheuerte, daß
»Sie ganz erſtaunlich in ſie verliebt und weit entfernt
»wären, mich heirathen zu wollen, meinte ſie, daß ſie
»ſich nicht eher davon überzeugen und Ihnen ihre
»ſchöne Hand reichen könne, bis Sie ihr einen Wunſch
»gewährt, den ſie ſchon lange im tiefſten Herzen trage.
»Die Kleine behauptet, Sie hätten einen kleinen aller¬
»liebſten Negerknaben bei ſich aufgenommen, der aus
»ihrem Dienſte entlaufen; ich habe dem zwar wider¬
»ſprochen, ſie behauptet aber der Bube ſey ſo win¬
»zig klein, daß er in einer Nußſchaale wohnen könne.
»Dieſen Knaben nun» —

»Daraus wird nichts, »fuhr Peregrinus, der
längſt wußte, wo die Alte hinauswollte, heftig auf
und verließ ſtürmiſch Zimmer und Haus.

Es iſt eine alte hergebrachte Sitte, daß der Held
der Geſchichte, iſt er von heftiger Gemüthsbewegung
ergriffen, hinausläuft in den Wald oder wenigſtens
in das einſam gelegene Gebüſch. Die Sitte iſt darum
gut, weil ſie im Leben wirklich herrſcht. Hiernach
konnt es ſich aber mit Herrn Peregrinus Tyß nicht
anders begeben, als daß er von ſeinem Hauſe auf dem
Roßmarkt aus ſo lange in einem Strich fortrannte,

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[160/0165] »der ſchöne leuchtende Glücksſtern aufgegangen, aber »es bleibt nun Ihre Sache, ſich den Stern günſtig »zu erhalten. Als ich der Kleinen betheuerte, daß »Sie ganz erſtaunlich in ſie verliebt und weit entfernt »wären, mich heirathen zu wollen, meinte ſie, daß ſie »ſich nicht eher davon überzeugen und Ihnen ihre »ſchöne Hand reichen könne, bis Sie ihr einen Wunſch »gewährt, den ſie ſchon lange im tiefſten Herzen trage. »Die Kleine behauptet, Sie hätten einen kleinen aller¬ »liebſten Negerknaben bei ſich aufgenommen, der aus »ihrem Dienſte entlaufen; ich habe dem zwar wider¬ »ſprochen, ſie behauptet aber der Bube ſey ſo win¬ »zig klein, daß er in einer Nußſchaale wohnen könne. »Dieſen Knaben nun» — »Daraus wird nichts, »fuhr Peregrinus, der längſt wußte, wo die Alte hinauswollte, heftig auf und verließ ſtürmiſch Zimmer und Haus. Es iſt eine alte hergebrachte Sitte, daß der Held der Geſchichte, iſt er von heftiger Gemüthsbewegung ergriffen, hinausläuft in den Wald oder wenigſtens in das einſam gelegene Gebüſch. Die Sitte iſt darum gut, weil ſie im Leben wirklich herrſcht. Hiernach konnt es ſich aber mit Herrn Peregrinus Tyß nicht anders begeben, als daß er von ſeinem Hauſe auf dem Roßmarkt aus ſo lange in einem Strich fortrannte,

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/165>, abgerufen am 10.05.2024.