flammen wollte, blickte sie mich an so un¬ beschreiblich milde und keusch, daß es mir war, als vergönne es der Himmel dem bü¬ ßenden Sünder, schon hier auf Erden der Heiligen zu nahen. Ja, nicht Aurelie, die heilige Rosalia selbst war es, und ich stürzte zu ihren Füßen und rief laut: O du, from¬ me, hohe Heilige, darf sich denn irdische Liebe zu dir, im Herzen regen? -- Dann reichte sie mir die Hand und sprach mit süßer mil¬ der Stimme: Ach keine hohe Heilige bin ich, aber wohl recht fromm, und liebe dich gar sehr!
Ich hatte Aurelien mehrere Tage nicht gesehen, sie war mit der Fürstin auf ein nahe gelegenes Lustschloß gegangen. Ich er¬ trug es nicht länger, ich rannte hin. -- Am späten Abend angekommen, traf ich im Garten auf eine Kammerfrau, die mir Au¬ reliens Zimmer nachwies. Leise, leise öffne¬ te ich die Thür -- ich trat hinein -- eine schwüle Luft, ein wunderbarer Blumenge¬
flammen wollte, blickte ſie mich an ſo un¬ beſchreiblich milde und keuſch, daß es mir war, als vergoͤnne es der Himmel dem buͤ¬ ßenden Suͤnder, ſchon hier auf Erden der Heiligen zu nahen. Ja, nicht Aurelie, die heilige Roſalia ſelbſt war es, und ich ſtuͤrzte zu ihren Fuͤßen und rief laut: O du, from¬ me, hohe Heilige, darf ſich denn irdiſche Liebe zu dir, im Herzen regen? — Dann reichte ſie mir die Hand und ſprach mit ſuͤßer mil¬ der Stimme: Ach keine hohe Heilige bin ich, aber wohl recht fromm, und liebe dich gar ſehr!
Ich hatte Aurelien mehrere Tage nicht geſehen, ſie war mit der Fuͤrſtin auf ein nahe gelegenes Luſtſchloß gegangen. Ich er¬ trug es nicht laͤnger, ich rannte hin. — Am ſpaͤten Abend angekommen, traf ich im Garten auf eine Kammerfrau, die mir Au¬ reliens Zimmer nachwies. Leiſe, leiſe oͤffne¬ te ich die Thuͤr — ich trat hinein — eine ſchwuͤle Luft, ein wunderbarer Blumenge¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0099"n="91"/>
flammen wollte, blickte ſie mich an ſo un¬<lb/>
beſchreiblich milde und keuſch, daß es mir<lb/>
war, als vergoͤnne es der Himmel dem buͤ¬<lb/>
ßenden Suͤnder, ſchon hier auf Erden der<lb/>
Heiligen zu nahen. Ja, nicht Aurelie, die<lb/>
heilige Roſalia ſelbſt war es, und ich ſtuͤrzte<lb/>
zu ihren Fuͤßen und rief laut: O du, from¬<lb/>
me, hohe Heilige, darf ſich denn irdiſche<lb/>
Liebe zu dir, im Herzen regen? — Dann reichte<lb/>ſie mir die Hand und ſprach mit ſuͤßer mil¬<lb/>
der Stimme: Ach keine hohe Heilige bin<lb/>
ich, aber wohl recht fromm, und liebe dich<lb/>
gar ſehr!</p><lb/><p>Ich hatte Aurelien mehrere Tage nicht<lb/>
geſehen, ſie war mit der Fuͤrſtin auf ein<lb/>
nahe gelegenes Luſtſchloß gegangen. Ich er¬<lb/>
trug es nicht laͤnger, ich rannte hin. — Am<lb/>ſpaͤten Abend angekommen, traf ich im<lb/>
Garten auf eine Kammerfrau, die mir Au¬<lb/>
reliens Zimmer nachwies. Leiſe, leiſe oͤffne¬<lb/>
te ich die Thuͤr — ich trat hinein — eine<lb/>ſchwuͤle Luft, ein wunderbarer Blumenge¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[91/0099]
flammen wollte, blickte ſie mich an ſo un¬
beſchreiblich milde und keuſch, daß es mir
war, als vergoͤnne es der Himmel dem buͤ¬
ßenden Suͤnder, ſchon hier auf Erden der
Heiligen zu nahen. Ja, nicht Aurelie, die
heilige Roſalia ſelbſt war es, und ich ſtuͤrzte
zu ihren Fuͤßen und rief laut: O du, from¬
me, hohe Heilige, darf ſich denn irdiſche
Liebe zu dir, im Herzen regen? — Dann reichte
ſie mir die Hand und ſprach mit ſuͤßer mil¬
der Stimme: Ach keine hohe Heilige bin
ich, aber wohl recht fromm, und liebe dich
gar ſehr!
Ich hatte Aurelien mehrere Tage nicht
geſehen, ſie war mit der Fuͤrſtin auf ein
nahe gelegenes Luſtſchloß gegangen. Ich er¬
trug es nicht laͤnger, ich rannte hin. — Am
ſpaͤten Abend angekommen, traf ich im
Garten auf eine Kammerfrau, die mir Au¬
reliens Zimmer nachwies. Leiſe, leiſe oͤffne¬
te ich die Thuͤr — ich trat hinein — eine
ſchwuͤle Luft, ein wunderbarer Blumenge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/99>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.