Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

trübes düstres Hinbrüten, Alles schien mir
gleichgültig, selbst Aureliens Bild war ver¬
schwunden. Doch bald rüttelte sich der Geist
wieder auf, aber nur um stärker von dem un¬
heimlichen, krankhaften Gefühl befangen zu
werden, das die Einsamkeit, die dumpfe Ker¬
kerluft erzeugt hatte, und dem ich nicht zu
widerstehen vermochte. Ich konnte nicht mehr
schlafen. In den wunderlichen Reflexen, die
der düstre flackernde Schein der Lampe an
Wände und Decke warf, grinzten mich aller¬
lei verzerrte Gesichter an; ich löschte die
Lampe aus, ich barg mich in die Strohkissen,
aber gräßlicher tönte dann das dumpfe Stöh¬
nen, das Kettengerassel der Gefangenen durch
die grauenvolle Stille der Nacht. Oft war
es mir, als höre ich Euphemiens -- Vikto¬
rins Todesröcheln: "Bin ich denn Schuld
an euerm Verderben? war't ihr es nicht
selbst, Verruchte! die ihr euch hingabt mei¬
nem rächenden Arm?"-- So schrie ich laut
auf, aber dann ging ein langer, tief ausath¬

truͤbes duͤſtres Hinbruͤten, Alles ſchien mir
gleichguͤltig, ſelbſt Aureliens Bild war ver¬
ſchwunden. Doch bald ruͤttelte ſich der Geiſt
wieder auf, aber nur um ſtaͤrker von dem un¬
heimlichen, krankhaften Gefuͤhl befangen zu
werden, das die Einſamkeit, die dumpfe Ker¬
kerluft erzeugt hatte, und dem ich nicht zu
widerſtehen vermochte. Ich konnte nicht mehr
ſchlafen. In den wunderlichen Reflexen, die
der duͤſtre flackernde Schein der Lampe an
Waͤnde und Decke warf, grinzten mich aller¬
lei verzerrte Geſichter an; ich loͤſchte die
Lampe aus, ich barg mich in die Strohkiſſen,
aber graͤßlicher toͤnte dann das dumpfe Stoͤh¬
nen, das Kettengeraſſel der Gefangenen durch
die grauenvolle Stille der Nacht. Oft war
es mir, als hoͤre ich Euphemiens — Vikto¬
rins Todesroͤcheln: „Bin ich denn Schuld
an euerm Verderben? war't ihr es nicht
ſelbſt, Verruchte! die ihr euch hingabt mei¬
nem raͤchenden Arm?“— So ſchrie ich laut
auf, aber dann ging ein langer, tief ausath¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0042" n="34"/>
tru&#x0364;bes du&#x0364;&#x017F;tres Hinbru&#x0364;ten, Alles &#x017F;chien mir<lb/>
gleichgu&#x0364;ltig, &#x017F;elb&#x017F;t Aureliens Bild war ver¬<lb/>
&#x017F;chwunden. Doch bald ru&#x0364;ttelte &#x017F;ich der Gei&#x017F;t<lb/>
wieder auf, aber nur um &#x017F;ta&#x0364;rker von dem un¬<lb/>
heimlichen, krankhaften Gefu&#x0364;hl befangen zu<lb/>
werden, das die Ein&#x017F;amkeit, die dumpfe Ker¬<lb/>
kerluft erzeugt hatte, und dem ich nicht zu<lb/>
wider&#x017F;tehen vermochte. Ich konnte nicht mehr<lb/>
&#x017F;chlafen. In den wunderlichen Reflexen, die<lb/>
der du&#x0364;&#x017F;tre flackernde Schein der Lampe an<lb/>
Wa&#x0364;nde und Decke warf, grinzten mich aller¬<lb/>
lei verzerrte Ge&#x017F;ichter an; ich lo&#x0364;&#x017F;chte die<lb/>
Lampe aus, ich barg mich in die Strohki&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
aber gra&#x0364;ßlicher to&#x0364;nte dann das dumpfe Sto&#x0364;<lb/>
nen, das Kettengera&#x017F;&#x017F;el der Gefangenen durch<lb/>
die grauenvolle Stille der Nacht. Oft war<lb/>
es mir, als ho&#x0364;re ich Euphemiens &#x2014; Vikto¬<lb/>
rins Todesro&#x0364;cheln: &#x201E;Bin ich denn Schuld<lb/>
an euerm Verderben? war't ihr es nicht<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, Verruchte! die ihr euch hingabt mei¬<lb/>
nem ra&#x0364;chenden Arm?&#x201C;&#x2014; So &#x017F;chrie ich laut<lb/>
auf, aber dann ging ein langer, tief ausath¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0042] truͤbes duͤſtres Hinbruͤten, Alles ſchien mir gleichguͤltig, ſelbſt Aureliens Bild war ver¬ ſchwunden. Doch bald ruͤttelte ſich der Geiſt wieder auf, aber nur um ſtaͤrker von dem un¬ heimlichen, krankhaften Gefuͤhl befangen zu werden, das die Einſamkeit, die dumpfe Ker¬ kerluft erzeugt hatte, und dem ich nicht zu widerſtehen vermochte. Ich konnte nicht mehr ſchlafen. In den wunderlichen Reflexen, die der duͤſtre flackernde Schein der Lampe an Waͤnde und Decke warf, grinzten mich aller¬ lei verzerrte Geſichter an; ich loͤſchte die Lampe aus, ich barg mich in die Strohkiſſen, aber graͤßlicher toͤnte dann das dumpfe Stoͤh¬ nen, das Kettengeraſſel der Gefangenen durch die grauenvolle Stille der Nacht. Oft war es mir, als hoͤre ich Euphemiens — Vikto¬ rins Todesroͤcheln: „Bin ich denn Schuld an euerm Verderben? war't ihr es nicht ſelbſt, Verruchte! die ihr euch hingabt mei¬ nem raͤchenden Arm?“— So ſchrie ich laut auf, aber dann ging ein langer, tief ausath¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/42
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/42>, abgerufen am 24.11.2024.