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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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ihn in den Abgrund gestürzt; durch irgend
einen Zufall, der gar nicht unerhört seyn
durfte, wurde er errettet. Aus der Betäu¬
bung erwacht, aber schwer am Kopfe ver¬
wundet, gelang es ihm, aus dem Grabe her¬
aufzukriechen. Der Schmerz der Wunde,
Hunger und Durst machten ihn wahnsinnig --
rasend! -- So lief er durch das Gebürge,
vielleicht von einem mitleidigen Bauer hin
und wieder gespeiset und mit Lumpen behan¬
gen, bis er in die Gegend der Försterwoh¬
nung kam. Zwei Dinge bleiben hier aber
unerklärbar, nemlich wie Medardus eine
solche Strecke aus dem Gebürge laufen konn¬
te, ohne angehalten zu werden, und wie er,
selbst in den von Aerzten bezeugten Augen¬
blicken des vollkommensten ruhigsten Bewußt¬
seins, sich zu Unthaten bekennen konnte, die er
nie begangen. Die, welche die Wahrscheinlich¬
keit jenes Zusammenhangs der Sache verthei¬
digten, bemerkten, daß man ja von den Schick¬
salen des aus dem Teufelsgrunde erretteten

ihn in den Abgrund geſtuͤrzt; durch irgend
einen Zufall, der gar nicht unerhoͤrt ſeyn
durfte, wurde er errettet. Aus der Betaͤu¬
bung erwacht, aber ſchwer am Kopfe ver¬
wundet, gelang es ihm, aus dem Grabe her¬
aufzukriechen. Der Schmerz der Wunde,
Hunger und Durſt machten ihn wahnſinnig —
raſend! — So lief er durch das Gebuͤrge,
vielleicht von einem mitleidigen Bauer hin
und wieder geſpeiſet und mit Lumpen behan¬
gen, bis er in die Gegend der Foͤrſterwoh¬
nung kam. Zwei Dinge bleiben hier aber
unerklaͤrbar, nemlich wie Medardus eine
ſolche Strecke aus dem Gebuͤrge laufen konn¬
te, ohne angehalten zu werden, und wie er,
ſelbſt in den von Aerzten bezeugten Augen¬
blicken des vollkommenſten ruhigſten Bewußt¬
ſeins, ſich zu Unthaten bekennen konnte, die er
nie begangen. Die, welche die Wahrſcheinlich¬
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digten, bemerkten, daß man ja von den Schick¬
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[319/0327] ihn in den Abgrund geſtuͤrzt; durch irgend einen Zufall, der gar nicht unerhoͤrt ſeyn durfte, wurde er errettet. Aus der Betaͤu¬ bung erwacht, aber ſchwer am Kopfe ver¬ wundet, gelang es ihm, aus dem Grabe her¬ aufzukriechen. Der Schmerz der Wunde, Hunger und Durſt machten ihn wahnſinnig — raſend! — So lief er durch das Gebuͤrge, vielleicht von einem mitleidigen Bauer hin und wieder geſpeiſet und mit Lumpen behan¬ gen, bis er in die Gegend der Foͤrſterwoh¬ nung kam. Zwei Dinge bleiben hier aber unerklaͤrbar, nemlich wie Medardus eine ſolche Strecke aus dem Gebuͤrge laufen konn¬ te, ohne angehalten zu werden, und wie er, ſelbſt in den von Aerzten bezeugten Augen¬ blicken des vollkommenſten ruhigſten Bewußt¬ ſeins, ſich zu Unthaten bekennen konnte, die er nie begangen. Die, welche die Wahrſcheinlich¬ keit jenes Zuſammenhangs der Sache verthei¬ digten, bemerkten, daß man ja von den Schick¬ ſalen des aus dem Teufelsgrunde erretteten

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/327>, abgerufen am 25.11.2024.