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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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mich geißelnd und peinigend mit Marterin¬
strumenten, die die sinnreichste Grausamkeit
erfunden, und meine Stimme erhebend nur
zur eigenen Anklage, zum zerknirschten Ge¬
bet um Rettung aus der Hölle, deren Flam¬
men schon in mir loderten. Aber wenn das
Blut aus hundert Wunden rann, wenn der
Schmerz in hundert giftigen Scorpionstichen
brannte und dann endlich die Natur erlag, bis
der Schlaf sie, wie ein ohnmächtiges Kind, schüz¬
zend mit seinen Armen umfing, dann stiegen
feindliche Traumbilder empor, die mir neue
Todesmarter bereiteten. -- Mein ganzes Le¬
ben gestaltete sich auf entsetzliche Weise. Ich
sah Euphemien, wie sie in üppiger Schön¬
heit mir nahte, aber laut schrie ich auf:
"Was willst Du von mir, Verruchte! Nein,
die Hölle hat keinen Theil an mir." Da
schlug sie ihr Gewand aus einander, und
die Schauer der Verdammniß ergriffen mich.
Zum Gerippe eingedorrt war ihr Leib, aber
in dem Gerippe wanden sich unzählige

mich geißelnd und peinigend mit Marterin¬
ſtrumenten, die die ſinnreichſte Grauſamkeit
erfunden, und meine Stimme erhebend nur
zur eigenen Anklage, zum zerknirſchten Ge¬
bet um Rettung aus der Hoͤlle, deren Flam¬
men ſchon in mir loderten. Aber wenn das
Blut aus hundert Wunden rann, wenn der
Schmerz in hundert giftigen Scorpionſtichen
brannte und dann endlich die Natur erlag, bis
der Schlaf ſie, wie ein ohnmaͤchtiges Kind, ſchuͤz¬
zend mit ſeinen Armen umfing, dann ſtiegen
feindliche Traumbilder empor, die mir neue
Todesmarter bereiteten. — Mein ganzes Le¬
ben geſtaltete ſich auf entſetzliche Weiſe. Ich
ſah Euphemien, wie ſie in uͤppiger Schoͤn¬
heit mir nahte, aber laut ſchrie ich auf:
„Was willſt Du von mir, Verruchte! Nein,
die Hoͤlle hat keinen Theil an mir.“ Da
ſchlug ſie ihr Gewand aus einander, und
die Schauer der Verdammniß ergriffen mich.
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[189/0197] mich geißelnd und peinigend mit Marterin¬ ſtrumenten, die die ſinnreichſte Grauſamkeit erfunden, und meine Stimme erhebend nur zur eigenen Anklage, zum zerknirſchten Ge¬ bet um Rettung aus der Hoͤlle, deren Flam¬ men ſchon in mir loderten. Aber wenn das Blut aus hundert Wunden rann, wenn der Schmerz in hundert giftigen Scorpionſtichen brannte und dann endlich die Natur erlag, bis der Schlaf ſie, wie ein ohnmaͤchtiges Kind, ſchuͤz¬ zend mit ſeinen Armen umfing, dann ſtiegen feindliche Traumbilder empor, die mir neue Todesmarter bereiteten. — Mein ganzes Le¬ ben geſtaltete ſich auf entſetzliche Weiſe. Ich ſah Euphemien, wie ſie in uͤppiger Schoͤn¬ heit mir nahte, aber laut ſchrie ich auf: „Was willſt Du von mir, Verruchte! Nein, die Hoͤlle hat keinen Theil an mir.“ Da ſchlug ſie ihr Gewand aus einander, und die Schauer der Verdammniß ergriffen mich. Zum Gerippe eingedorrt war ihr Leib, aber in dem Gerippe wanden ſich unzaͤhlige

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/197>, abgerufen am 28.11.2024.