Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

wie in tiefes Nachdenken versunken, den
Kopf in die Hand gestüzt. "Ja, fing er an:
ich weiß recht gut, daß ich zuweilen ein
aberwitziger Narr bin, aber die Luft im
Tollhause, vernünftigen Leuten verderblich,
hat gar gut auf mich gewirkt. Ich fange
an, über mich selbst zu räsoniren, und das
ist kein übles Zeichen. Existire ich über¬
haupt nur durch mein eignes Bewußtseyn, so
kommt es nur darauf an, daß dies Bewußt¬
seyn dem Bewußten die Hanswurstjacke aus¬
ziehe, und ich selbst stehe da als solider Gent¬
leman. -- O Gott! -- ist aber ein genialer
Friseur nicht schon an und vor sich selbst
ein gesetzter Hasenfuß? -- Hasenfüßigkeit
schützt vor allem Wahnsinn, und ich kann
Euch versichern, Ehrwürdiger Herr! daß ich
auch bei Nordnordwest einen Kirchthurm
von einem Leuchtenpfahl genau zu unterschei¬
den vermag." -- Ist dem wirklich so, sprach
ich: so beweisen Sie es dadurch, daß Sie
mir ruhig den Hergang der Sache erzählen,

wie in tiefes Nachdenken verſunken, den
Kopf in die Hand geſtuͤzt. „Ja, fing er an:
ich weiß recht gut, daß ich zuweilen ein
aberwitziger Narr bin, aber die Luft im
Tollhauſe, vernuͤnftigen Leuten verderblich,
hat gar gut auf mich gewirkt. Ich fange
an, uͤber mich ſelbſt zu raͤſoniren, und das
iſt kein uͤbles Zeichen. Exiſtire ich uͤber¬
haupt nur durch mein eignes Bewußtſeyn, ſo
kommt es nur darauf an, daß dies Bewußt¬
ſeyn dem Bewußten die Hanswurſtjacke aus¬
ziehe, und ich ſelbſt ſtehe da als ſolider Gent¬
leman. — O Gott! — iſt aber ein genialer
Friſeur nicht ſchon an und vor ſich ſelbſt
ein geſetzter Haſenfuß? — Haſenfuͤßigkeit
ſchuͤtzt vor allem Wahnſinn, und ich kann
Euch verſichern, Ehrwuͤrdiger Herr! daß ich
auch bei Nordnordweſt einen Kirchthurm
von einem Leuchtenpfahl genau zu unterſchei¬
den vermag.“ — Iſt dem wirklich ſo, ſprach
ich: ſo beweiſen Sie es dadurch, daß Sie
mir ruhig den Hergang der Sache erzaͤhlen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0179" n="171"/>
wie in tiefes Nachdenken ver&#x017F;unken, den<lb/>
Kopf in die Hand ge&#x017F;tu&#x0364;zt. &#x201E;Ja, fing er an:<lb/>
ich weiß recht gut, daß ich zuweilen ein<lb/>
aberwitziger Narr bin, aber die Luft im<lb/>
Tollhau&#x017F;e, vernu&#x0364;nftigen Leuten verderblich,<lb/>
hat gar gut auf mich gewirkt. Ich fange<lb/>
an, u&#x0364;ber mich &#x017F;elb&#x017F;t zu ra&#x0364;&#x017F;oniren, und das<lb/>
i&#x017F;t kein u&#x0364;bles Zeichen. Exi&#x017F;tire ich u&#x0364;ber¬<lb/>
haupt nur durch mein eignes Bewußt&#x017F;eyn, &#x017F;o<lb/>
kommt es nur darauf an, daß dies Bewußt¬<lb/>
&#x017F;eyn dem Bewußten die Hanswur&#x017F;tjacke aus¬<lb/>
ziehe, und ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;tehe da als &#x017F;olider Gent¬<lb/>
leman. &#x2014; O Gott! &#x2014; i&#x017F;t aber ein genialer<lb/>
Fri&#x017F;eur nicht &#x017F;chon an und vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ein ge&#x017F;etzter Ha&#x017F;enfuß? &#x2014; Ha&#x017F;enfu&#x0364;ßigkeit<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tzt vor allem Wahn&#x017F;inn, und ich kann<lb/>
Euch ver&#x017F;ichern, Ehrwu&#x0364;rdiger Herr! daß ich<lb/>
auch bei Nordnordwe&#x017F;t einen Kirchthurm<lb/>
von einem Leuchtenpfahl genau zu unter&#x017F;chei¬<lb/>
den vermag.&#x201C; &#x2014; I&#x017F;t dem wirklich &#x017F;o, &#x017F;prach<lb/>
ich: &#x017F;o bewei&#x017F;en Sie es dadurch, daß Sie<lb/>
mir ruhig den Hergang der Sache erza&#x0364;hlen,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0179] wie in tiefes Nachdenken verſunken, den Kopf in die Hand geſtuͤzt. „Ja, fing er an: ich weiß recht gut, daß ich zuweilen ein aberwitziger Narr bin, aber die Luft im Tollhauſe, vernuͤnftigen Leuten verderblich, hat gar gut auf mich gewirkt. Ich fange an, uͤber mich ſelbſt zu raͤſoniren, und das iſt kein uͤbles Zeichen. Exiſtire ich uͤber¬ haupt nur durch mein eignes Bewußtſeyn, ſo kommt es nur darauf an, daß dies Bewußt¬ ſeyn dem Bewußten die Hanswurſtjacke aus¬ ziehe, und ich ſelbſt ſtehe da als ſolider Gent¬ leman. — O Gott! — iſt aber ein genialer Friſeur nicht ſchon an und vor ſich ſelbſt ein geſetzter Haſenfuß? — Haſenfuͤßigkeit ſchuͤtzt vor allem Wahnſinn, und ich kann Euch verſichern, Ehrwuͤrdiger Herr! daß ich auch bei Nordnordweſt einen Kirchthurm von einem Leuchtenpfahl genau zu unterſchei¬ den vermag.“ — Iſt dem wirklich ſo, ſprach ich: ſo beweiſen Sie es dadurch, daß Sie mir ruhig den Hergang der Sache erzaͤhlen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/179
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/179>, abgerufen am 05.12.2024.