Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

zu umstricken. Mit feinem Ohr auch den lei¬
sesten Anklang erlauschend, ließ er schnell,
wie ein geschickter Spieler, alle verwandte
Akkorde nach Willkühr vibriren, so daß die
Getäuschte in den fremden Tönen, nur ihre
eigne innere Musik zu hören glaubte. -- Ich
stand nicht fern von Aurelien, sie schien mich
nicht zu bemerken -- ich wollte hin zu ihr,
aber wie mit eisernen Banden gefesselt, ver¬
mochte ich nicht, mich von der Stelle zu
rühren. -- Noch einmal den Major scharf
anblickend, war es mir plötzlich, als stehe
Viktorin bei Aurelien. Da lachte ich auf
im grimmigen Hohn: "Hey! -- Hey! Du
Verruchter, hast Du Dich im Teufelsgrun¬
de so weich gebettet, daß Du in toller
Brunst trachten magst nach der Buhlin des
Mönchs?" --

Ich weiß nicht, ob ich diese Worte wirk¬
lich sprach, aber ich hörte mich selbst lachen,
und fuhr auf wie aus tiefem Traum, als der
alte Hofmarschall, sanft meine Hand fassend,

zu umſtricken. Mit feinem Ohr auch den lei¬
ſeſten Anklang erlauſchend, ließ er ſchnell,
wie ein geſchickter Spieler, alle verwandte
Akkorde nach Willkuͤhr vibriren, ſo daß die
Getaͤuſchte in den fremden Toͤnen, nur ihre
eigne innere Muſik zu hoͤren glaubte. — Ich
ſtand nicht fern von Aurelien, ſie ſchien mich
nicht zu bemerken — ich wollte hin zu ihr,
aber wie mit eiſernen Banden gefeſſelt, ver¬
mochte ich nicht, mich von der Stelle zu
ruͤhren. — Noch einmal den Major ſcharf
anblickend, war es mir ploͤtzlich, als ſtehe
Viktorin bei Aurelien. Da lachte ich auf
im grimmigen Hohn: „Hey! — Hey! Du
Verruchter, haſt Du Dich im Teufelsgrun¬
de ſo weich gebettet, daß Du in toller
Brunſt trachten magſt nach der Buhlin des
Moͤnchs?“ —

Ich weiß nicht, ob ich dieſe Worte wirk¬
lich ſprach, aber ich hoͤrte mich ſelbſt lachen,
und fuhr auf wie aus tiefem Traum, als der
alte Hofmarſchall, ſanft meine Hand faſſend,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0017" n="9"/>
zu um&#x017F;tricken. Mit feinem Ohr auch den lei¬<lb/>
&#x017F;e&#x017F;ten Anklang erlau&#x017F;chend, ließ er &#x017F;chnell,<lb/>
wie ein ge&#x017F;chickter Spieler, alle verwandte<lb/>
Akkorde nach Willku&#x0364;hr vibriren, &#x017F;o daß die<lb/>
Geta&#x0364;u&#x017F;chte in den fremden To&#x0364;nen, nur ihre<lb/>
eigne innere Mu&#x017F;ik zu ho&#x0364;ren glaubte. &#x2014; Ich<lb/>
&#x017F;tand nicht fern von Aurelien, &#x017F;ie &#x017F;chien mich<lb/>
nicht zu bemerken &#x2014; ich wollte hin zu ihr,<lb/>
aber wie mit ei&#x017F;ernen Banden gefe&#x017F;&#x017F;elt, ver¬<lb/>
mochte ich nicht, mich von der Stelle zu<lb/>
ru&#x0364;hren. &#x2014; Noch einmal den Major &#x017F;charf<lb/>
anblickend, war es mir plo&#x0364;tzlich, als &#x017F;tehe<lb/>
Viktorin bei Aurelien. Da lachte ich auf<lb/>
im grimmigen Hohn: &#x201E;Hey! &#x2014; Hey! Du<lb/>
Verruchter, ha&#x017F;t Du Dich im Teufelsgrun¬<lb/>
de &#x017F;o weich gebettet, daß Du in toller<lb/>
Brun&#x017F;t trachten mag&#x017F;t nach der Buhlin des<lb/>
Mo&#x0364;nchs?&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
            <p>Ich weiß nicht, ob ich die&#x017F;e Worte wirk¬<lb/>
lich &#x017F;prach, aber ich ho&#x0364;rte mich &#x017F;elb&#x017F;t lachen,<lb/>
und fuhr auf wie aus tiefem Traum, als der<lb/>
alte Hofmar&#x017F;chall, &#x017F;anft meine Hand fa&#x017F;&#x017F;end,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0017] zu umſtricken. Mit feinem Ohr auch den lei¬ ſeſten Anklang erlauſchend, ließ er ſchnell, wie ein geſchickter Spieler, alle verwandte Akkorde nach Willkuͤhr vibriren, ſo daß die Getaͤuſchte in den fremden Toͤnen, nur ihre eigne innere Muſik zu hoͤren glaubte. — Ich ſtand nicht fern von Aurelien, ſie ſchien mich nicht zu bemerken — ich wollte hin zu ihr, aber wie mit eiſernen Banden gefeſſelt, ver¬ mochte ich nicht, mich von der Stelle zu ruͤhren. — Noch einmal den Major ſcharf anblickend, war es mir ploͤtzlich, als ſtehe Viktorin bei Aurelien. Da lachte ich auf im grimmigen Hohn: „Hey! — Hey! Du Verruchter, haſt Du Dich im Teufelsgrun¬ de ſo weich gebettet, daß Du in toller Brunſt trachten magſt nach der Buhlin des Moͤnchs?“ — Ich weiß nicht, ob ich dieſe Worte wirk¬ lich ſprach, aber ich hoͤrte mich ſelbſt lachen, und fuhr auf wie aus tiefem Traum, als der alte Hofmarſchall, ſanft meine Hand faſſend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/17
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/17>, abgerufen am 22.11.2024.