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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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es, das mich so unaussprechlich quält?" So
rief ich dem Traumbilde entgegen, da lächel¬
te der Unbekannte und antwortete: Du liebst
mich, Aurelie; das ist deine Qual, aber kannst
Du die Gelübde des Gottgeweihten brechen?
-- Zu meinem Erstaunen wurde ich nun ge¬
wahr, daß der Unbekannte das Ordenskleid
der Capuziner trug. -- Ich raffte mich mit
aller Gewalt auf, um nur aus dem träume¬
rischen Zustande zu erwachen. Es gelang
mir. Fest war ich überzeugt, daß je¬
ner Mönch nur ein loses trügerisches Spiel
meiner Einbildung gewesen und doch ahnte
ich nur zu deutlich, daß das Geheimniß der
Liebe sich mir erschlossen hatte. Ja! -- ich liebte
den Unbekannten mit aller Stärke des erwachten
Gefühls, mit aller Leidenschaft und Inbrunst de¬
ren das jugendliche Herz fähig. In jenen Au¬
genblicken träumerischen Hinbrütens, als ich
den Unbekannten zu sehen glaubte, schien
mein Uebelbefinden den höchsten Punkt er¬
reicht zu haben, ich wurde zusehends woh¬

es, das mich ſo unausſprechlich quaͤlt?“ So
rief ich dem Traumbilde entgegen, da laͤchel¬
te der Unbekannte und antwortete: Du liebſt
mich, Aurelie; das iſt deine Qual, aber kannſt
Du die Geluͤbde des Gottgeweihten brechen?
— Zu meinem Erſtaunen wurde ich nun ge¬
wahr, daß der Unbekannte das Ordenskleid
der Capuziner trug. — Ich raffte mich mit
aller Gewalt auf, um nur aus dem traͤume¬
riſchen Zuſtande zu erwachen. Es gelang
mir. Feſt war ich uͤberzeugt, daß je¬
ner Moͤnch nur ein loſes truͤgeriſches Spiel
meiner Einbildung geweſen und doch ahnte
ich nur zu deutlich, daß das Geheimniß der
Liebe ſich mir erſchloſſen hatte. Ja! — ich liebte
den Unbekannten mit aller Staͤrke des erwachten
Gefuͤhls, mit aller Leidenſchaft und Inbrunſt de¬
ren das jugendliche Herz faͤhig. In jenen Au¬
genblicken traͤumeriſchen Hinbruͤtens, als ich
den Unbekannten zu ſehen glaubte, ſchien
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reicht zu haben, ich wurde zuſehends woh¬

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[125/0133] es, das mich ſo unausſprechlich quaͤlt?“ So rief ich dem Traumbilde entgegen, da laͤchel¬ te der Unbekannte und antwortete: Du liebſt mich, Aurelie; das iſt deine Qual, aber kannſt Du die Geluͤbde des Gottgeweihten brechen? — Zu meinem Erſtaunen wurde ich nun ge¬ wahr, daß der Unbekannte das Ordenskleid der Capuziner trug. — Ich raffte mich mit aller Gewalt auf, um nur aus dem traͤume¬ riſchen Zuſtande zu erwachen. Es gelang mir. Feſt war ich uͤberzeugt, daß je¬ ner Moͤnch nur ein loſes truͤgeriſches Spiel meiner Einbildung geweſen und doch ahnte ich nur zu deutlich, daß das Geheimniß der Liebe ſich mir erſchloſſen hatte. Ja! — ich liebte den Unbekannten mit aller Staͤrke des erwachten Gefuͤhls, mit aller Leidenſchaft und Inbrunſt de¬ ren das jugendliche Herz faͤhig. In jenen Au¬ genblicken traͤumeriſchen Hinbruͤtens, als ich den Unbekannten zu ſehen glaubte, ſchien mein Uebelbefinden den hoͤchſten Punkt er¬ reicht zu haben, ich wurde zuſehends woh¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/133>, abgerufen am 03.05.2024.