Heil der Menschen, alle Freuden des Lebens, ja, das Leben selbst opferten, was aber sol¬ che Geschichten betrifft, wie die so eben von Ihnen erzählte, so glaube ich, daß nur eine geistreiche, von dem Heiligen ersonnene Alle¬ gorie durch Mißverstand, als wirklich ge¬ schehen, ins Leben gezogen wurde." --
Unter diesen Worten hatte der Hofmei¬ ster den Schieber des Kistchens schnell aufge¬ schoben und die schwarze, sonderbar geform¬ te Flasche herausgenommen. Es verbreitete sich wirklich, wie der Bruder Cyrillus es mir gesagt, ein starker Duft, der indessen nichts weniger, als betäubend, sondern vielmehr angenehm und wohlthätig wirkte. "Ei, rief der Graf: ich wette, daß das Elixier des Teufels weiter nichts ist, als herrlicher ächter Syrakuser." -- "Ganz gewiß, erwiederte der Hofmeister: und stammt die Flasche wirklich aus dem Nachlaß des h. Antonius, so geht es Ihnen, ehrwürdiger Herr! beinahe bes¬ ser, wie dem Könige von Neapel, den die
Heil der Menſchen, alle Freuden des Lebens, ja, das Leben ſelbſt opferten, was aber ſol¬ che Geſchichten betrifft, wie die ſo eben von Ihnen erzaͤhlte, ſo glaube ich, daß nur eine geiſtreiche, von dem Heiligen erſonnene Alle¬ gorie durch Mißverſtand, als wirklich ge¬ ſchehen, ins Leben gezogen wurde.“ —
Unter dieſen Worten hatte der Hofmei¬ ſter den Schieber des Kiſtchens ſchnell aufge¬ ſchoben und die ſchwarze, ſonderbar geform¬ te Flaſche herausgenommen. Es verbreitete ſich wirklich, wie der Bruder Cyrillus es mir geſagt, ein ſtarker Duft, der indeſſen nichts weniger, als betaͤubend, ſondern vielmehr angenehm und wohlthaͤtig wirkte. „Ei, rief der Graf: ich wette, daß das Elixier des Teufels weiter nichts iſt, als herrlicher aͤchter Syrakuſer.“ — „Ganz gewiß, erwiederte der Hofmeiſter: und ſtammt die Flaſche wirklich aus dem Nachlaß des h. Antonius, ſo geht es Ihnen, ehrwuͤrdiger Herr! beinahe beſ¬ ſer, wie dem Koͤnige von Neapel, den die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0085"n="69"/>
Heil der Menſchen, alle Freuden des Lebens,<lb/>
ja, das Leben ſelbſt opferten, was aber ſol¬<lb/>
che Geſchichten betrifft, wie die ſo eben von<lb/>
Ihnen erzaͤhlte, ſo glaube ich, daß nur eine<lb/>
geiſtreiche, von dem Heiligen erſonnene Alle¬<lb/>
gorie durch Mißverſtand, als wirklich ge¬<lb/>ſchehen, ins Leben gezogen wurde.“—</p><lb/><p>Unter dieſen Worten hatte der Hofmei¬<lb/>ſter den Schieber des Kiſtchens ſchnell aufge¬<lb/>ſchoben und die ſchwarze, ſonderbar geform¬<lb/>
te Flaſche herausgenommen. Es verbreitete<lb/>ſich wirklich, wie der Bruder Cyrillus es mir<lb/>
geſagt, ein ſtarker Duft, der indeſſen nichts<lb/>
weniger, als betaͤubend, ſondern vielmehr<lb/>
angenehm und wohlthaͤtig wirkte. „Ei, rief<lb/>
der Graf: ich wette, daß das Elixier des<lb/>
Teufels weiter nichts iſt, als herrlicher aͤchter<lb/>
Syrakuſer.“—„Ganz gewiß, erwiederte der<lb/>
Hofmeiſter: und ſtammt die Flaſche wirklich<lb/>
aus dem Nachlaß des h. Antonius, ſo geht<lb/>
es Ihnen, ehrwuͤrdiger Herr! beinahe beſ¬<lb/>ſer, wie dem Koͤnige von Neapel, den die<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[69/0085]
Heil der Menſchen, alle Freuden des Lebens,
ja, das Leben ſelbſt opferten, was aber ſol¬
che Geſchichten betrifft, wie die ſo eben von
Ihnen erzaͤhlte, ſo glaube ich, daß nur eine
geiſtreiche, von dem Heiligen erſonnene Alle¬
gorie durch Mißverſtand, als wirklich ge¬
ſchehen, ins Leben gezogen wurde.“ —
Unter dieſen Worten hatte der Hofmei¬
ſter den Schieber des Kiſtchens ſchnell aufge¬
ſchoben und die ſchwarze, ſonderbar geform¬
te Flaſche herausgenommen. Es verbreitete
ſich wirklich, wie der Bruder Cyrillus es mir
geſagt, ein ſtarker Duft, der indeſſen nichts
weniger, als betaͤubend, ſondern vielmehr
angenehm und wohlthaͤtig wirkte. „Ei, rief
der Graf: ich wette, daß das Elixier des
Teufels weiter nichts iſt, als herrlicher aͤchter
Syrakuſer.“ — „Ganz gewiß, erwiederte der
Hofmeiſter: und ſtammt die Flaſche wirklich
aus dem Nachlaß des h. Antonius, ſo geht
es Ihnen, ehrwuͤrdiger Herr! beinahe beſ¬
ſer, wie dem Koͤnige von Neapel, den die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/85>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.