erwähnt, die ich mir durch meine außeror¬ dentliche Gaben erworben, und es war mir deutlich, daß nur kleinlicher Neid jenes Mi߬ behagen an mir erzeugt habe, das er so un¬ verholen äußerte. Stumm und in mich ge¬ kehrt, blieb ich vom innern Groll ergriffen, bei den Zusammenkünften der Mönche, und ganz erfüllt von dem neuen Wesen, das mir aufgegangen, sann ich den Tag über, und in den schlaflosen Nächten, wie ich alles in mir aufgekeimte, in prächtige Worte fassen und dem Volk verkünden wollte. Je mehr ich mich nun von Leonardus und den Brüdern entfernte, mit desto stärkeren Banden wußte ich die Menge an mich zu ziehen. --
Am Tage des heiligen Antonius war die Kirche so gedrängt voll, daß man die Thü¬ ren weit öffnen mußte, um dem zuströmen¬ den Volke zu vergönnen, mich auch noch vor der Kirche zu hören. Nie hatte ich kräf¬ tiger, feuriger, eindringender gesprochen. Ich erzählte, wie es gewöhnlich, Manches aus
erwaͤhnt, die ich mir durch meine außeror¬ dentliche Gaben erworben, und es war mir deutlich, daß nur kleinlicher Neid jenes Mi߬ behagen an mir erzeugt habe, das er ſo un¬ verholen aͤußerte. Stumm und in mich ge¬ kehrt, blieb ich vom innern Groll ergriffen, bei den Zuſammenkuͤnften der Moͤnche, und ganz erfuͤllt von dem neuen Weſen, das mir aufgegangen, ſann ich den Tag uͤber, und in den ſchlafloſen Naͤchten, wie ich alles in mir aufgekeimte, in praͤchtige Worte faſſen und dem Volk verkuͤnden wollte. Je mehr ich mich nun von Leonardus und den Bruͤdern entfernte, mit deſto ſtaͤrkeren Banden wußte ich die Menge an mich zu ziehen. —
Am Tage des heiligen Antonius war die Kirche ſo gedraͤngt voll, daß man die Thuͤ¬ ren weit oͤffnen mußte, um dem zuſtroͤmen¬ den Volke zu vergoͤnnen, mich auch noch vor der Kirche zu hoͤren. Nie hatte ich kraͤf¬ tiger, feuriger, eindringender geſprochen. Ich erzaͤhlte, wie es gewoͤhnlich, Manches aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0078"n="62"/>
erwaͤhnt, die ich mir durch meine außeror¬<lb/>
dentliche Gaben erworben, und es war mir<lb/>
deutlich, daß nur kleinlicher Neid jenes Mi߬<lb/>
behagen an mir erzeugt habe, das er ſo un¬<lb/>
verholen aͤußerte. Stumm und in mich ge¬<lb/>
kehrt, blieb ich vom innern Groll ergriffen,<lb/>
bei den Zuſammenkuͤnften der Moͤnche, und<lb/>
ganz erfuͤllt von dem neuen Weſen, das mir<lb/>
aufgegangen, ſann ich den Tag uͤber, und in<lb/>
den ſchlafloſen Naͤchten, wie ich alles in mir<lb/>
aufgekeimte, in praͤchtige Worte faſſen und<lb/>
dem Volk verkuͤnden wollte. Je mehr ich<lb/>
mich nun von Leonardus und den Bruͤdern<lb/>
entfernte, mit deſto ſtaͤrkeren Banden wußte<lb/>
ich die Menge an mich zu ziehen. —</p><lb/><p>Am Tage des heiligen Antonius war die<lb/>
Kirche ſo gedraͤngt voll, daß man die Thuͤ¬<lb/>
ren weit oͤffnen mußte, um dem zuſtroͤmen¬<lb/>
den Volke zu vergoͤnnen, mich auch noch<lb/>
vor der Kirche zu hoͤren. Nie hatte ich kraͤf¬<lb/>
tiger, feuriger, eindringender geſprochen. Ich<lb/>
erzaͤhlte, wie es gewoͤhnlich, Manches aus<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[62/0078]
erwaͤhnt, die ich mir durch meine außeror¬
dentliche Gaben erworben, und es war mir
deutlich, daß nur kleinlicher Neid jenes Mi߬
behagen an mir erzeugt habe, das er ſo un¬
verholen aͤußerte. Stumm und in mich ge¬
kehrt, blieb ich vom innern Groll ergriffen,
bei den Zuſammenkuͤnften der Moͤnche, und
ganz erfuͤllt von dem neuen Weſen, das mir
aufgegangen, ſann ich den Tag uͤber, und in
den ſchlafloſen Naͤchten, wie ich alles in mir
aufgekeimte, in praͤchtige Worte faſſen und
dem Volk verkuͤnden wollte. Je mehr ich
mich nun von Leonardus und den Bruͤdern
entfernte, mit deſto ſtaͤrkeren Banden wußte
ich die Menge an mich zu ziehen. —
Am Tage des heiligen Antonius war die
Kirche ſo gedraͤngt voll, daß man die Thuͤ¬
ren weit oͤffnen mußte, um dem zuſtroͤmen¬
den Volke zu vergoͤnnen, mich auch noch
vor der Kirche zu hoͤren. Nie hatte ich kraͤf¬
tiger, feuriger, eindringender geſprochen. Ich
erzaͤhlte, wie es gewoͤhnlich, Manches aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/78>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.