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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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deutend zu seyn, doch mir ergötzlich scheint.
-- Auf meiner vorjährigen Reise kam ich in
später Nacht in das schöne große Dorf vier
Stunden von B.; ich entschloß mich in den
stattlichen Gasthof einzukehren, wo mich, ein
freundlicher aufgeweckter Wirth empfing. Er¬
müdet, ja zerschlagen von der weiten Reise,
warf ich mich in meinem Zimmer gleich ins
Bette, um recht auszuschlafen, aber es mochte
eben Eins geschlagen haben, als mich eine
Flöte, die dicht neben mir geblasen wurde,
weckte. In meinem Leben hatt ich solch ein
Blasen nicht gehört. Der Mensch mußte un¬
geheure Lungen haben, denn mit einem schnei¬
denden durchdringenden Ton, der den Cha¬
rakter des Instruments ganz vernichtete, blies
er immer dieselbe Passage hintereinander fort,
so daß man sich nichts abscheuligeres, unsin¬
nigeres denken konnte. Ich schimpfte und
fluchte auf den verdammten tollen Musikan¬
ten, der mir den Schlaf raubte, und die Oh¬
ren zerriß, aber wie ein aufgezogenes Uhr¬

deutend zu ſeyn, doch mir ergoͤtzlich ſcheint.
— Auf meiner vorjaͤhrigen Reiſe kam ich in
ſpaͤter Nacht in das ſchoͤne große Dorf vier
Stunden von B.; ich entſchloß mich in den
ſtattlichen Gaſthof einzukehren, wo mich, ein
freundlicher aufgeweckter Wirth empfing. Er¬
muͤdet, ja zerſchlagen von der weiten Reiſe,
warf ich mich in meinem Zimmer gleich ins
Bette, um recht auszuſchlafen, aber es mochte
eben Eins geſchlagen haben, als mich eine
Floͤte, die dicht neben mir geblaſen wurde,
weckte. In meinem Leben hatt ich ſolch ein
Blaſen nicht gehoͤrt. Der Menſch mußte un¬
geheure Lungen haben, denn mit einem ſchnei¬
denden durchdringenden Ton, der den Cha¬
rakter des Inſtruments ganz vernichtete, blies
er immer dieſelbe Paſſage hintereinander fort,
ſo daß man ſich nichts abſcheuligeres, unſin¬
nigeres denken konnte. Ich ſchimpfte und
fluchte auf den verdammten tollen Muſikan¬
ten, der mir den Schlaf raubte, und die Oh¬
ren zerriß, aber wie ein aufgezogenes Uhr¬

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[333/0349] deutend zu ſeyn, doch mir ergoͤtzlich ſcheint. — Auf meiner vorjaͤhrigen Reiſe kam ich in ſpaͤter Nacht in das ſchoͤne große Dorf vier Stunden von B.; ich entſchloß mich in den ſtattlichen Gaſthof einzukehren, wo mich, ein freundlicher aufgeweckter Wirth empfing. Er¬ muͤdet, ja zerſchlagen von der weiten Reiſe, warf ich mich in meinem Zimmer gleich ins Bette, um recht auszuſchlafen, aber es mochte eben Eins geſchlagen haben, als mich eine Floͤte, die dicht neben mir geblaſen wurde, weckte. In meinem Leben hatt ich ſolch ein Blaſen nicht gehoͤrt. Der Menſch mußte un¬ geheure Lungen haben, denn mit einem ſchnei¬ denden durchdringenden Ton, der den Cha¬ rakter des Inſtruments ganz vernichtete, blies er immer dieſelbe Paſſage hintereinander fort, ſo daß man ſich nichts abſcheuligeres, unſin¬ nigeres denken konnte. Ich ſchimpfte und fluchte auf den verdammten tollen Muſikan¬ ten, der mir den Schlaf raubte, und die Oh¬ ren zerriß, aber wie ein aufgezogenes Uhr¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/349>, abgerufen am 27.11.2024.