Lebens! als ich mit bedeutendem Blick den Finger auf den Mund legte.
Als der Morgen zu dämmern anfing, lag die Stadt schon weit hinter mir, und die Gestalt des furchtbaren entsetzlichen Men¬ schen, der wie ein unerforschliches Geheim¬ niß mich grauenvoll umfing, war verschwun¬ den. -- Die Frage der Postmeister: wohin? rückte es immer wieder aufs neue mir vor, wie ich nun jeder Verbindung im Leben ab¬ trünnig worden, und den wogenden Wellen des Zufalls preisgegeben, umherstreiche. Aber, hatte nicht eine unwiderstehliche Macht mich gewaltsam herausgerissen aus Allem, was mir sonst befreundet, nur damit der mir inn¬ wohnende Geist in ungehemmter Kraft seine Schwingen rüstig entfalte und rege? -- Rast¬ los durchstrich ich das herrliche Land, nir¬ gends fand ich Ruhe, es trieb mich unauf¬ haltsam fort, immer weiter hinab in den Süden, ich war, ohne daran zu denken, bis jetzt kaum merklich von der Reiseroute abge¬
Lebens! als ich mit bedeutendem Blick den Finger auf den Mund legte.
Als der Morgen zu daͤmmern anfing, lag die Stadt ſchon weit hinter mir, und die Geſtalt des furchtbaren entſetzlichen Men¬ ſchen, der wie ein unerforſchliches Geheim¬ niß mich grauenvoll umfing, war verſchwun¬ den. — Die Frage der Poſtmeiſter: wohin? ruͤckte es immer wieder aufs neue mir vor, wie ich nun jeder Verbindung im Leben ab¬ truͤnnig worden, und den wogenden Wellen des Zufalls preisgegeben, umherſtreiche. Aber, hatte nicht eine unwiderſtehliche Macht mich gewaltſam herausgeriſſen aus Allem, was mir ſonſt befreundet, nur damit der mir inn¬ wohnende Geiſt in ungehemmter Kraft ſeine Schwingen ruͤſtig entfalte und rege? — Raſt¬ los durchſtrich ich das herrliche Land, nir¬ gends fand ich Ruhe, es trieb mich unauf¬ haltſam fort, immer weiter hinab in den Suͤden, ich war, ohne daran zu denken, bis jetzt kaum merklich von der Reiſeroute abge¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0259"n="243"/>
Lebens! als ich mit bedeutendem Blick den<lb/>
Finger auf den Mund legte.</p><lb/><p>Als der Morgen zu daͤmmern anfing,<lb/>
lag die Stadt ſchon weit hinter mir, und die<lb/>
Geſtalt des furchtbaren entſetzlichen Men¬<lb/>ſchen, der wie ein unerforſchliches Geheim¬<lb/>
niß mich grauenvoll umfing, war verſchwun¬<lb/>
den. — Die Frage der Poſtmeiſter: wohin?<lb/>
ruͤckte es immer wieder aufs neue mir vor,<lb/>
wie ich nun jeder Verbindung im Leben ab¬<lb/>
truͤnnig worden, und den wogenden Wellen<lb/>
des Zufalls preisgegeben, umherſtreiche. Aber,<lb/>
hatte nicht eine unwiderſtehliche Macht mich<lb/>
gewaltſam herausgeriſſen aus Allem, was<lb/>
mir ſonſt befreundet, nur damit der mir inn¬<lb/>
wohnende Geiſt in ungehemmter Kraft ſeine<lb/>
Schwingen ruͤſtig entfalte und rege? — Raſt¬<lb/>
los durchſtrich ich das herrliche Land, nir¬<lb/>
gends fand ich Ruhe, es trieb mich unauf¬<lb/>
haltſam fort, immer weiter hinab in den<lb/>
Suͤden, ich war, ohne daran zu denken, bis<lb/>
jetzt kaum merklich von der Reiſeroute abge¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[243/0259]
Lebens! als ich mit bedeutendem Blick den
Finger auf den Mund legte.
Als der Morgen zu daͤmmern anfing,
lag die Stadt ſchon weit hinter mir, und die
Geſtalt des furchtbaren entſetzlichen Men¬
ſchen, der wie ein unerforſchliches Geheim¬
niß mich grauenvoll umfing, war verſchwun¬
den. — Die Frage der Poſtmeiſter: wohin?
ruͤckte es immer wieder aufs neue mir vor,
wie ich nun jeder Verbindung im Leben ab¬
truͤnnig worden, und den wogenden Wellen
des Zufalls preisgegeben, umherſtreiche. Aber,
hatte nicht eine unwiderſtehliche Macht mich
gewaltſam herausgeriſſen aus Allem, was
mir ſonſt befreundet, nur damit der mir inn¬
wohnende Geiſt in ungehemmter Kraft ſeine
Schwingen ruͤſtig entfalte und rege? — Raſt¬
los durchſtrich ich das herrliche Land, nir¬
gends fand ich Ruhe, es trieb mich unauf¬
haltſam fort, immer weiter hinab in den
Suͤden, ich war, ohne daran zu denken, bis
jetzt kaum merklich von der Reiſeroute abge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/259>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.