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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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Lebens! als ich mit bedeutendem Blick den
Finger auf den Mund legte.

Als der Morgen zu dämmern anfing,
lag die Stadt schon weit hinter mir, und die
Gestalt des furchtbaren entsetzlichen Men¬
schen, der wie ein unerforschliches Geheim¬
niß mich grauenvoll umfing, war verschwun¬
den. -- Die Frage der Postmeister: wohin?
rückte es immer wieder aufs neue mir vor,
wie ich nun jeder Verbindung im Leben ab¬
trünnig worden, und den wogenden Wellen
des Zufalls preisgegeben, umherstreiche. Aber,
hatte nicht eine unwiderstehliche Macht mich
gewaltsam herausgerissen aus Allem, was
mir sonst befreundet, nur damit der mir inn¬
wohnende Geist in ungehemmter Kraft seine
Schwingen rüstig entfalte und rege? -- Rast¬
los durchstrich ich das herrliche Land, nir¬
gends fand ich Ruhe, es trieb mich unauf¬
haltsam fort, immer weiter hinab in den
Süden, ich war, ohne daran zu denken, bis
jetzt kaum merklich von der Reiseroute abge¬

Lebens! als ich mit bedeutendem Blick den
Finger auf den Mund legte.

Als der Morgen zu daͤmmern anfing,
lag die Stadt ſchon weit hinter mir, und die
Geſtalt des furchtbaren entſetzlichen Men¬
ſchen, der wie ein unerforſchliches Geheim¬
niß mich grauenvoll umfing, war verſchwun¬
den. — Die Frage der Poſtmeiſter: wohin?
ruͤckte es immer wieder aufs neue mir vor,
wie ich nun jeder Verbindung im Leben ab¬
truͤnnig worden, und den wogenden Wellen
des Zufalls preisgegeben, umherſtreiche. Aber,
hatte nicht eine unwiderſtehliche Macht mich
gewaltſam herausgeriſſen aus Allem, was
mir ſonſt befreundet, nur damit der mir inn¬
wohnende Geiſt in ungehemmter Kraft ſeine
Schwingen ruͤſtig entfalte und rege? — Raſt¬
los durchſtrich ich das herrliche Land, nir¬
gends fand ich Ruhe, es trieb mich unauf¬
haltſam fort, immer weiter hinab in den
Suͤden, ich war, ohne daran zu denken, bis
jetzt kaum merklich von der Reiſeroute abge¬

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[243/0259] Lebens! als ich mit bedeutendem Blick den Finger auf den Mund legte. Als der Morgen zu daͤmmern anfing, lag die Stadt ſchon weit hinter mir, und die Geſtalt des furchtbaren entſetzlichen Men¬ ſchen, der wie ein unerforſchliches Geheim¬ niß mich grauenvoll umfing, war verſchwun¬ den. — Die Frage der Poſtmeiſter: wohin? ruͤckte es immer wieder aufs neue mir vor, wie ich nun jeder Verbindung im Leben ab¬ truͤnnig worden, und den wogenden Wellen des Zufalls preisgegeben, umherſtreiche. Aber, hatte nicht eine unwiderſtehliche Macht mich gewaltſam herausgeriſſen aus Allem, was mir ſonſt befreundet, nur damit der mir inn¬ wohnende Geiſt in ungehemmter Kraft ſeine Schwingen ruͤſtig entfalte und rege? — Raſt¬ los durchſtrich ich das herrliche Land, nir¬ gends fand ich Ruhe, es trieb mich unauf¬ haltſam fort, immer weiter hinab in den Suͤden, ich war, ohne daran zu denken, bis jetzt kaum merklich von der Reiſeroute abge¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/259>, abgerufen am 21.05.2024.