ergriff mich ein innerer Schauer, wenn ich daran dachte, sie wieder zu sehen, was doch schon an der Abendtafel geschehen sollte. Es war mir, als würde mich ihr frommer Blick heilloser Sünde zeihen, und als würde ich, entlarvt und vernichtet, in Schmach und Ver¬ derben sinken. Eben so konnte ich mich nicht entschließen, die Baronesse gleich nach jenen Momenten wieder zu sehen, und alles dieses bestimmte mich, eine Andachtsübung vor¬ schützend, in meinem Zimmer zu bleiben, als man mich zur Tafel einlud. Nur weniger Tage bedurfte es indessen, um alle Scheu, alle Befangenheit zu überwinden; die Baro¬ nesse war die Liebenswürdigkeit selbst, und je enger sich unser Bündniß schloß, je rei¬ cher an frevelhaften Genüssen es wurde, de¬ sto mehr verdoppelte sich ihre Aufmerksam¬ keit für den Baron. Sie gestand mir, daß nur meine Tonsur, mein natürlicher Bart, so wie mein ächt klösterlicher Gang, den ich aber jetzt nicht mehr so strenge, als Anfangs
ergriff mich ein innerer Schauer, wenn ich daran dachte, ſie wieder zu ſehen, was doch ſchon an der Abendtafel geſchehen ſollte. Es war mir, als wuͤrde mich ihr frommer Blick heilloſer Suͤnde zeihen, und als wuͤrde ich, entlarvt und vernichtet, in Schmach und Ver¬ derben ſinken. Eben ſo konnte ich mich nicht entſchließen, die Baroneſſe gleich nach jenen Momenten wieder zu ſehen, und alles dieſes beſtimmte mich, eine Andachtsuͤbung vor¬ ſchuͤtzend, in meinem Zimmer zu bleiben, als man mich zur Tafel einlud. Nur weniger Tage bedurfte es indeſſen, um alle Scheu, alle Befangenheit zu uͤberwinden; die Baro¬ neſſe war die Liebenswuͤrdigkeit ſelbſt, und je enger ſich unſer Buͤndniß ſchloß, je rei¬ cher an frevelhaften Genuͤſſen es wurde, de¬ ſto mehr verdoppelte ſich ihre Aufmerkſam¬ keit fuͤr den Baron. Sie geſtand mir, daß nur meine Tonſur, mein natuͤrlicher Bart, ſo wie mein aͤcht kloͤſterlicher Gang, den ich aber jetzt nicht mehr ſo ſtrenge, als Anfangs
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ergriff mich ein innerer Schauer, wenn ich
daran dachte, ſie wieder zu ſehen, was doch
ſchon an der Abendtafel geſchehen ſollte. Es
war mir, als wuͤrde mich ihr frommer Blick
heilloſer Suͤnde zeihen, und als wuͤrde ich,
entlarvt und vernichtet, in Schmach und Ver¬
derben ſinken. Eben ſo konnte ich mich nicht
entſchließen, die Baroneſſe gleich nach jenen
Momenten wieder zu ſehen, und alles dieſes
beſtimmte mich, eine Andachtsuͤbung vor¬
ſchuͤtzend, in meinem Zimmer zu bleiben, als
man mich zur Tafel einlud. Nur weniger
Tage bedurfte es indeſſen, um alle Scheu,
alle Befangenheit zu uͤberwinden; die Baro¬
neſſe war die Liebenswuͤrdigkeit ſelbſt, und
je enger ſich unſer Buͤndniß ſchloß, je rei¬
cher an frevelhaften Genuͤſſen es wurde, de¬
ſto mehr verdoppelte ſich ihre Aufmerkſam¬
keit fuͤr den Baron. Sie geſtand mir, daß
nur meine Tonſur, mein natuͤrlicher Bart,
ſo wie mein aͤcht kloͤſterlicher Gang, den ich
aber jetzt nicht mehr ſo ſtrenge, als Anfangs
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/159>, abgerufen am 23.11.2024.
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