Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

det gewesen, mir zu beweisen schien, daß das
lebhafte Bild jener Heiligen, welches ich
wirklich, wiewohl in beträchtlicher Ferne und
in schiefer Richtung aus dem Beichtstuhl se¬
hen konnte, großen Antheil daran gehabt
habe. Tief bewunderte ich die Weisheit des
Priors, der das richtige Mittel zu meiner
Heilung wählte, denn, in den Klostermauern
eingeschlossen, immer von denselben Gegen¬
ständen umgeben, immer brütend und hin¬
einzehrend in das Innere, hätte mich jene
Vision, der die Einsamkeit glühendere, keckere
Farben lieh, zum Wahnsinn gebracht. Im¬
mer vertrauter werdend mit der Idee nur ge¬
träumt zu haben, konnte ich mich kaum des
Lachens über mich selbst erwehren, ja mit
einer Frivolität, die mir sonst nicht eigen,
scherzte ich im Innern über den Gedanken,
eine Heilige in mich verliebt zu wähnen, wo¬
bei ich zugleich daran dachte, daß ich ja
selbst schon einmal der heilige Antonius ge¬
wesen. --

det geweſen, mir zu beweiſen ſchien, daß das
lebhafte Bild jener Heiligen, welches ich
wirklich, wiewohl in betraͤchtlicher Ferne und
in ſchiefer Richtung aus dem Beichtſtuhl ſe¬
hen konnte, großen Antheil daran gehabt
habe. Tief bewunderte ich die Weisheit des
Priors, der das richtige Mittel zu meiner
Heilung waͤhlte, denn, in den Kloſtermauern
eingeſchloſſen, immer von denſelben Gegen¬
ſtaͤnden umgeben, immer bruͤtend und hin¬
einzehrend in das Innere, haͤtte mich jene
Viſion, der die Einſamkeit gluͤhendere, keckere
Farben lieh, zum Wahnſinn gebracht. Im¬
mer vertrauter werdend mit der Idee nur ge¬
traͤumt zu haben, konnte ich mich kaum des
Lachens uͤber mich ſelbſt erwehren, ja mit
einer Frivolitaͤt, die mir ſonſt nicht eigen,
ſcherzte ich im Innern uͤber den Gedanken,
eine Heilige in mich verliebt zu waͤhnen, wo¬
bei ich zugleich daran dachte, daß ich ja
ſelbſt ſchon einmal der heilige Antonius ge¬
weſen. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0114" n="98"/>
det gewe&#x017F;en, mir zu bewei&#x017F;en &#x017F;chien, daß das<lb/>
lebhafte Bild jener Heiligen, welches ich<lb/>
wirklich, wiewohl in betra&#x0364;chtlicher Ferne und<lb/>
in &#x017F;chiefer Richtung aus dem Beicht&#x017F;tuhl &#x017F;<lb/>
hen konnte, großen Antheil daran gehabt<lb/>
habe. Tief bewunderte ich die Weisheit des<lb/>
Priors, der das richtige Mittel zu meiner<lb/>
Heilung wa&#x0364;hlte, denn, in den Klo&#x017F;termauern<lb/>
einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, immer von den&#x017F;elben Gegen¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nden umgeben, immer bru&#x0364;tend und hin¬<lb/>
einzehrend in das Innere, ha&#x0364;tte mich jene<lb/>
Vi&#x017F;ion, der die Ein&#x017F;amkeit glu&#x0364;hendere, keckere<lb/>
Farben lieh, zum Wahn&#x017F;inn gebracht. Im¬<lb/>
mer vertrauter werdend mit der Idee nur ge¬<lb/>
tra&#x0364;umt zu haben, konnte ich mich kaum des<lb/>
Lachens u&#x0364;ber mich &#x017F;elb&#x017F;t erwehren, ja mit<lb/>
einer Frivolita&#x0364;t, die mir &#x017F;on&#x017F;t nicht eigen,<lb/>
&#x017F;cherzte ich im Innern u&#x0364;ber den Gedanken,<lb/>
eine Heilige in mich verliebt zu wa&#x0364;hnen, wo¬<lb/>
bei ich zugleich daran dachte, daß ich ja<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chon einmal der heilige Antonius ge¬<lb/>
we&#x017F;en. &#x2014;</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0114] det geweſen, mir zu beweiſen ſchien, daß das lebhafte Bild jener Heiligen, welches ich wirklich, wiewohl in betraͤchtlicher Ferne und in ſchiefer Richtung aus dem Beichtſtuhl ſe¬ hen konnte, großen Antheil daran gehabt habe. Tief bewunderte ich die Weisheit des Priors, der das richtige Mittel zu meiner Heilung waͤhlte, denn, in den Kloſtermauern eingeſchloſſen, immer von denſelben Gegen¬ ſtaͤnden umgeben, immer bruͤtend und hin¬ einzehrend in das Innere, haͤtte mich jene Viſion, der die Einſamkeit gluͤhendere, keckere Farben lieh, zum Wahnſinn gebracht. Im¬ mer vertrauter werdend mit der Idee nur ge¬ traͤumt zu haben, konnte ich mich kaum des Lachens uͤber mich ſelbſt erwehren, ja mit einer Frivolitaͤt, die mir ſonſt nicht eigen, ſcherzte ich im Innern uͤber den Gedanken, eine Heilige in mich verliebt zu waͤhnen, wo¬ bei ich zugleich daran dachte, daß ich ja ſelbſt ſchon einmal der heilige Antonius ge¬ weſen. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/114
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/114>, abgerufen am 05.05.2024.