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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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gen, als mich jetzt Dein Geheimniß, um ei¬
nen Theil meiner Ruhe bringen könnte, die
ich im heitern Alter über alles schätze. --
Du hast oftmals, vorzüglich bei dem Altar
der heiligen Rosalia, durch anstößige entsetz¬
liche Reden, die Dir wie im Wahnsinn zu
entfahren schienen, nicht nur den Brüdern,
sondern auch Fremden, die sich zufällig in
der Kirche befanden, ein heilloses Aergerniß
gegeben; ich könnte Dich daher nach der Klo¬
sterzucht hart strafen, doch will ich dies nicht
thun, da vielleicht irgend eine böse Macht --
der Widersacher selbst, dem Du nicht genugsam
widerstanden, an Deiner Verirrung Schuld
ist, und gebe dir nur auf, rüstig zu seyn in
Buße und Gebet. -- Ich schaue tief in Dei¬
ne Seele? -- Du willst ins Freie!" --

Durchdringend schaute Leonardus mich
an, ich konnte seinen Blick nicht ertragen,
schluchzend stürzte ich nieder in den Staub,
mich bewußt, des bösen Vorhabens. "Ich
verstehe dich, fuhr Leonardus fort, und glau¬

gen, als mich jetzt Dein Geheimniß, um ei¬
nen Theil meiner Ruhe bringen koͤnnte, die
ich im heitern Alter uͤber alles ſchaͤtze. —
Du haſt oftmals, vorzuͤglich bei dem Altar
der heiligen Roſalia, durch anſtoͤßige entſetz¬
liche Reden, die Dir wie im Wahnſinn zu
entfahren ſchienen, nicht nur den Bruͤdern,
ſondern auch Fremden, die ſich zufaͤllig in
der Kirche befanden, ein heilloſes Aergerniß
gegeben; ich koͤnnte Dich daher nach der Klo¬
ſterzucht hart ſtrafen, doch will ich dies nicht
thun, da vielleicht irgend eine boͤſe Macht —
der Widerſacher ſelbſt, dem Du nicht genugſam
widerſtanden, an Deiner Verirrung Schuld
iſt, und gebe dir nur auf, ruͤſtig zu ſeyn in
Buße und Gebet. — Ich ſchaue tief in Dei¬
ne Seele? — Du willſt ins Freie!“ —

Durchdringend ſchaute Leonardus mich
an, ich konnte ſeinen Blick nicht ertragen,
ſchluchzend ſtuͤrzte ich nieder in den Staub,
mich bewußt, des boͤſen Vorhabens. „Ich
verſtehe dich, fuhr Leonardus fort, und glau¬

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[91/0107] gen, als mich jetzt Dein Geheimniß, um ei¬ nen Theil meiner Ruhe bringen koͤnnte, die ich im heitern Alter uͤber alles ſchaͤtze. — Du haſt oftmals, vorzuͤglich bei dem Altar der heiligen Roſalia, durch anſtoͤßige entſetz¬ liche Reden, die Dir wie im Wahnſinn zu entfahren ſchienen, nicht nur den Bruͤdern, ſondern auch Fremden, die ſich zufaͤllig in der Kirche befanden, ein heilloſes Aergerniß gegeben; ich koͤnnte Dich daher nach der Klo¬ ſterzucht hart ſtrafen, doch will ich dies nicht thun, da vielleicht irgend eine boͤſe Macht — der Widerſacher ſelbſt, dem Du nicht genugſam widerſtanden, an Deiner Verirrung Schuld iſt, und gebe dir nur auf, ruͤſtig zu ſeyn in Buße und Gebet. — Ich ſchaue tief in Dei¬ ne Seele? — Du willſt ins Freie!“ — Durchdringend ſchaute Leonardus mich an, ich konnte ſeinen Blick nicht ertragen, ſchluchzend ſtuͤrzte ich nieder in den Staub, mich bewußt, des boͤſen Vorhabens. „Ich verſtehe dich, fuhr Leonardus fort, und glau¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/107>, abgerufen am 05.05.2024.