zu beichten. Sie bewegte sich mit unbe¬ schreiblicher Anmuth, sie kniete nieder, ein tiefer Seufzer entfloh ihrer Brust, ich fühlte ihren glühenden Athem, es war als um¬ stricke mich ein betäubender Zauber, noch ehe sie sprach! -- Wie vermag ich den ganz eignen, ins Innerste dringenden Ton ihrer Stimme zu beschreiben. -- Jedes ihrer Wor¬ te griff in meine Brust, als sie bekannte, wie sie eine verbotene Liebe hege, die sie schon seit langer Zeit vergebens bekämpfe, und daß diese Liebe um so sündlicher sey, als den Geliebten heilige Bande auf ewig fessel¬ ten; aber im Wahnsinn hoffnungsloser Ver¬ zweiflung, habe sie diesen Banden schon ge¬ flucht. -- Sie stockte -- mit einem Thränen¬ strom, der die Worte beinahe erstickte, brach sie los: "Du selbst -- Du selbst, Medardus bist es, den ich so unaussprechlich liebe!" -- Wie im tödtenden Krampf zuckten alle meine Nerven, ich war außer mir selbst, ein niege¬ kanntes Gefühl zerriß meine Brust, sie se¬
zu beichten. Sie bewegte ſich mit unbe¬ ſchreiblicher Anmuth, ſie kniete nieder, ein tiefer Seufzer entfloh ihrer Bruſt, ich fuͤhlte ihren gluͤhenden Athem, es war als um¬ ſtricke mich ein betaͤubender Zauber, noch ehe ſie ſprach! — Wie vermag ich den ganz eignen, ins Innerſte dringenden Ton ihrer Stimme zu beſchreiben. — Jedes ihrer Wor¬ te griff in meine Bruſt, als ſie bekannte, wie ſie eine verbotene Liebe hege, die ſie ſchon ſeit langer Zeit vergebens bekaͤmpfe, und daß dieſe Liebe um ſo ſuͤndlicher ſey, als den Geliebten heilige Bande auf ewig feſſel¬ ten; aber im Wahnſinn hoffnungsloſer Ver¬ zweiflung, habe ſie dieſen Banden ſchon ge¬ flucht. — Sie ſtockte — mit einem Thraͤnen¬ ſtrom, der die Worte beinahe erſtickte, brach ſie los: „Du ſelbſt — Du ſelbſt, Medardus biſt es, den ich ſo unausſprechlich liebe!“ — Wie im toͤdtenden Krampf zuckten alle meine Nerven, ich war außer mir ſelbſt, ein niege¬ kanntes Gefuͤhl zerriß meine Bruſt, ſie ſe¬
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zu beichten. Sie bewegte ſich mit unbe¬
ſchreiblicher Anmuth, ſie kniete nieder, ein
tiefer Seufzer entfloh ihrer Bruſt, ich fuͤhlte
ihren gluͤhenden Athem, es war als um¬
ſtricke mich ein betaͤubender Zauber, noch
ehe ſie ſprach! — Wie vermag ich den ganz
eignen, ins Innerſte dringenden Ton ihrer
Stimme zu beſchreiben. — Jedes ihrer Wor¬
te griff in meine Bruſt, als ſie bekannte,
wie ſie eine verbotene Liebe hege, die ſie
ſchon ſeit langer Zeit vergebens bekaͤmpfe,
und daß dieſe Liebe um ſo ſuͤndlicher ſey, als
den Geliebten heilige Bande auf ewig feſſel¬
ten; aber im Wahnſinn hoffnungsloſer Ver¬
zweiflung, habe ſie dieſen Banden ſchon ge¬
flucht. — Sie ſtockte — mit einem Thraͤnen¬
ſtrom, der die Worte beinahe erſtickte, brach
ſie los: „Du ſelbſt — Du ſelbſt, Medardus
biſt es, den ich ſo unausſprechlich liebe!“ —
Wie im toͤdtenden Krampf zuckten alle meine
Nerven, ich war außer mir ſelbſt, ein niege¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/101>, abgerufen am 22.11.2024.
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