so fast ohne Handumdrehen in glücklichster Weise gelenkt. Landolt machte nicht entfernt den Eindruck des Mannes, der kämpft und strebt, vielmehr desjenigen, dem so ziemlich alles gleich ist, dennoch kam der eine Erfolg vor und der andere nach, und nach kaum einjährigem Auf- enthalt in Bonn hatte er, der anscheinend sich so ganz der Lichtbrechung dort widmete, schon eine der anziehendsten Erscheinungen als Frau erobert.
Bei einer festlichen Gelegenheit hörte ich unseren Kollegen Stumpf Landolt feiern als den Lebensphilosophen, und so steht auch sein Bild vor mir, ob es wissenschaftliche Fragen oder Lebensprobleme gilt. Schmerz blieb ihm weder in einem noch im anderen erspart, aber sofort erkannte er auch die heitere Seite, die für den feinen Kenner so manchem anklebt. Ernst war sicher im Grunde seines Charakters, und doch wußte er diesen Lebensernst so leicht zu tragen, daß er kaum mehr als Ernst erschien, und so verließ ihn kaum je ein feines Lächeln, das jeden gewann, und eine seiner großen stillen Kräfte gewesen ist. Fast schien es, als hätte das Leben für Landolt nur eine Sache, die allseitig ernst zu nehmen sei, und das war die Zigarre. Eine kleine diesbezügliche Geschichte aus den letzten Jahren möge hier eingeflochten sein, um so mehr als die Witwe sie zu diesem Zweck mir zur Verfügung stellte. Unser verehrter Sekretar Diels sandte an Landolt vor nicht langer Zeit einen Geburtstagswunsch, sagend, daß er ihm die Achtzig ebenso frisch wie diesen Geburtstag wünsche. Da ging Landolt gleich an seinen Schreibtisch, ihm folgendes antwortend: Die freundlich gewünschten 80 Will in Geduld ich erharren, Ich hoffe die Sache macht sich Vermittels recht vieler Zigarren.
Und so hoffte er wirklich auch noch manches arbeiten zu können, wollte auch, wozu ihn Ostwald angeregt hatte, seine Lebenserinnerungen schreiben. Es ist schade, daß er dazu nicht kam, denn bei seinem guten Humor und seiner so klaren und einfachen Lebenserfassung, seiner Güte und seinem Wohlwollen, den vielen Beziehungen, wären es gewiß erfreu- liche Skizzen geworden.
Landolts Natur war eine überaus rüstige; manches hat er bestanden ohne wesentliche Störung, und noch, wie erwähnt, im vorigen Jahr eine
12 VAN'T HOFF:
so fast ohne Handumdrehen in glücklichster Weise gelenkt. Landolt machte nicht entfernt den Eindruck des Mannes, der kämpft und strebt, vielmehr desjenigen, dem so ziemlich alles gleich ist, dennoch kam der eine Erfolg vor und der andere nach, und nach kaum einjährigem Auf- enthalt in Bonn hatte er, der anscheinend sich so ganz der Lichtbrechung dort widmete, schon eine der anziehendsten Erscheinungen als Frau erobert.
Bei einer festlichen Gelegenheit hörte ich unseren Kollegen Stumpf Landolt feiern als den Lebensphilosophen, und so steht auch sein Bild vor mir, ob es wissenschaftliche Fragen oder Lebensprobleme gilt. Schmerz blieb ihm weder in einem noch im anderen erspart, aber sofort erkannte er auch die heitere Seite, die für den feinen Kenner so manchem anklebt. Ernst war sicher im Grunde seines Charakters, und doch wußte er diesen Lebensernst so leicht zu tragen, daß er kaum mehr als Ernst erschien, und so verließ ihn kaum je ein feines Lächeln, das jeden gewann, und eine seiner großen stillen Kräfte gewesen ist. Fast schien es, als hätte das Leben für Landolt nur eine Sache, die allseitig ernst zu nehmen sei, und das war die Zigarre. Eine kleine diesbezügliche Geschichte aus den letzten Jahren möge hier eingeflochten sein, um so mehr als die Witwe sie zu diesem Zweck mir zur Verfügung stellte. Unser verehrter Sekretar Diels sandte an Landolt vor nicht langer Zeit einen Geburtstagswunsch, sagend, daß er ihm die Achtzig ebenso frisch wie diesen Geburtstag wünsche. Da ging Landolt gleich an seinen Schreibtisch, ihm folgendes antwortend: Die freundlich gewünschten 80 Will in Geduld ich erharren, Ich hoffe die Sache macht sich Vermittels recht vieler Zigarren.
Und so hoffte er wirklich auch noch manches arbeiten zu können, wollte auch, wozu ihn Ostwald angeregt hatte, seine Lebenserinnerungen schreiben. Es ist schade, daß er dazu nicht kam, denn bei seinem guten Humor und seiner so klaren und einfachen Lebenserfassung, seiner Güte und seinem Wohlwollen, den vielen Beziehungen, wären es gewiß erfreu- liche Skizzen geworden.
Landolts Natur war eine überaus rüstige; manches hat er bestanden ohne wesentliche Störung, und noch, wie erwähnt, im vorigen Jahr eine
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[14/0014]
12 VAN'T HOFF:
so fast ohne Handumdrehen in glücklichster Weise gelenkt. Landolt
machte nicht entfernt den Eindruck des Mannes, der kämpft und strebt,
vielmehr desjenigen, dem so ziemlich alles gleich ist, dennoch kam der
eine Erfolg vor und der andere nach, und nach kaum einjährigem Auf-
enthalt in Bonn hatte er, der anscheinend sich so ganz der Lichtbrechung
dort widmete, schon eine der anziehendsten Erscheinungen als Frau erobert.
Bei einer festlichen Gelegenheit hörte ich unseren Kollegen Stumpf
Landolt feiern als den Lebensphilosophen, und so steht auch sein Bild
vor mir, ob es wissenschaftliche Fragen oder Lebensprobleme gilt.
Schmerz blieb ihm weder in einem noch im anderen erspart, aber sofort
erkannte er auch die heitere Seite, die für den feinen Kenner so manchem
anklebt. Ernst war sicher im Grunde seines Charakters, und doch wußte
er diesen Lebensernst so leicht zu tragen, daß er kaum mehr als Ernst
erschien, und so verließ ihn kaum je ein feines Lächeln, das jeden gewann,
und eine seiner großen stillen Kräfte gewesen ist. Fast schien es, als
hätte das Leben für Landolt nur eine Sache, die allseitig ernst zu nehmen
sei, und das war die Zigarre. Eine kleine diesbezügliche Geschichte aus
den letzten Jahren möge hier eingeflochten sein, um so mehr als die Witwe
sie zu diesem Zweck mir zur Verfügung stellte. Unser verehrter Sekretar
Diels sandte an Landolt vor nicht langer Zeit einen Geburtstagswunsch,
sagend, daß er ihm die Achtzig ebenso frisch wie diesen Geburtstag
wünsche. Da ging Landolt gleich an seinen Schreibtisch, ihm folgendes
antwortend:
Die freundlich gewünschten 80
Will in Geduld ich erharren,
Ich hoffe die Sache macht sich
Vermittels recht vieler Zigarren.
Und so hoffte er wirklich auch noch manches arbeiten zu können,
wollte auch, wozu ihn Ostwald angeregt hatte, seine Lebenserinnerungen
schreiben. Es ist schade, daß er dazu nicht kam, denn bei seinem guten
Humor und seiner so klaren und einfachen Lebenserfassung, seiner Güte
und seinem Wohlwollen, den vielen Beziehungen, wären es gewiß erfreu-
liche Skizzen geworden.
Landolts Natur war eine überaus rüstige; manches hat er bestanden
ohne wesentliche Störung, und noch, wie erwähnt, im vorigen Jahr eine
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Van't Hoff, Jakobus Heinrich: Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. Berlin, 1911, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoff_landolt_1911/14>, abgerufen am 27.07.2024.
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