zension, worin seiner selbst, oder eines Bekannten, in Ehren oder Unehren gedacht wurde: wiewohl ihm Lob und Tadel, weil beides schon dazumal meist von Un¬ mündigen und Besoldeten ertheilet ward, beinahe gleich¬ viel Freude machte. Ganze Tage, und oft den grössten Theil der Nacht, sass er, sich selbst und die ganze Welt vergessend, über dicke Folianten und Quartanten hin¬ gebückt, mit so unermüdeter Geduld, dass er sie in we¬ nigen Wochen durchlas. Eigentlich naschte sein Geist mehr in den meisten Büchern, als dass er sie zweck¬ mässig gewählt, und Vorrath für künftige Bedürfnisse eingesammelt hätte. Mit eben dem eisernen Fleisse durcharbeitete er schlechte Oden der Engelländer und Italiener, und hatte seine herzliche Freude darüber, dass sie so schlecht waren. Gute Gedichte schrieb er ganz oder stellenweise ab; auch haben wir unter seinen Pa¬ pieren Uebersezungen aus Tasso und Ariost, und kleiner griechischer Gedichte gefunden, die aber nicht für den Druck bestimmt sind. Da er in den lezten Jahren auch die spanische Sprache lernte, so hatte seine Wissbegierde ein grosses Feld vor sich, und sammelte jede Frucht der Erkenntniss, und jede Blume des Vergnügens, welche sie reizte, unverpflanzt und unverkümmert auf ihrem heimischen Boden.
Nie sah man ihn mürrisch oder zerstreut, wenn er, vom Lesen erhizt, überfallen ward; er klappte ruhig
sein
zenſion, worin ſeiner ſelbſt, oder eines Bekannten, in Ehren oder Unehren gedacht wurde: wiewohl ihm Lob und Tadel, weil beides ſchon dazumal meiſt von Un¬ mündigen und Beſoldeten ertheilet ward, beinahe gleich¬ viel Freude machte. Ganze Tage, und oft den gröſsten Theil der Nacht, ſaſs er, ſich ſelbſt und die ganze Welt vergeſſend, über dicke Folianten und Quartanten hin¬ gebückt, mit ſo unermüdeter Geduld, daſs er ſie in we¬ nigen Wochen durchlas. Eigentlich naſchte ſein Geiſt mehr in den meiſten Büchern, als daſs er ſie zweck¬ mäſſig gewählt, und Vorrath für künftige Bedürfniſſe eingeſammelt hätte. Mit eben dem eiſernen Fleiſſe durcharbeitete er ſchlechte Oden der Engelländer und Italiener, und hatte ſeine herzliche Freude darüber, daſs ſie ſo ſchlecht waren. Gute Gedichte ſchrieb er ganz oder ſtellenweiſe ab; auch haben wir unter ſeinen Pa¬ pieren Ueberſezungen aus Taſſo und Arioſt, und kleiner griechiſcher Gedichte gefunden, die aber nicht für den Druck beſtimmt ſind. Da er in den lezten Jahren auch die ſpaniſche Sprache lernte, ſo hatte ſeine Wiſsbegierde ein groſſes Feld vor ſich, und ſammelte jede Frucht der Erkenntniſs, und jede Blume des Vergnügens, welche ſie reizte, unverpflanzt und unverkümmert auf ihrem heimiſchen Boden.
Nie ſah man ihn mürriſch oder zerſtreut, wenn er, vom Leſen erhizt, überfallen ward; er klappte ruhig
ſein
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[XII/0020]
zenſion, worin ſeiner ſelbſt, oder eines Bekannten, in
Ehren oder Unehren gedacht wurde: wiewohl ihm Lob
und Tadel, weil beides ſchon dazumal meiſt von Un¬
mündigen und Beſoldeten ertheilet ward, beinahe gleich¬
viel Freude machte. Ganze Tage, und oft den gröſsten
Theil der Nacht, ſaſs er, ſich ſelbſt und die ganze Welt
vergeſſend, über dicke Folianten und Quartanten hin¬
gebückt, mit ſo unermüdeter Geduld, daſs er ſie in we¬
nigen Wochen durchlas. Eigentlich naſchte ſein Geiſt
mehr in den meiſten Büchern, als daſs er ſie zweck¬
mäſſig gewählt, und Vorrath für künftige Bedürfniſſe
eingeſammelt hätte. Mit eben dem eiſernen Fleiſſe
durcharbeitete er ſchlechte Oden der Engelländer und
Italiener, und hatte ſeine herzliche Freude darüber, daſs
ſie ſo ſchlecht waren. Gute Gedichte ſchrieb er ganz
oder ſtellenweiſe ab; auch haben wir unter ſeinen Pa¬
pieren Ueberſezungen aus Taſſo und Arioſt, und kleiner
griechiſcher Gedichte gefunden, die aber nicht für den
Druck beſtimmt ſind. Da er in den lezten Jahren auch
die ſpaniſche Sprache lernte, ſo hatte ſeine Wiſsbegierde
ein groſſes Feld vor ſich, und ſammelte jede Frucht der
Erkenntniſs, und jede Blume des Vergnügens, welche
ſie reizte, unverpflanzt und unverkümmert auf ihrem
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Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/20>, abgerufen am 19.07.2024.
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