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Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.

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wallt und die lieblichen Zimmer, deine Schöpfung dir verschönt, und du in ihrem Sonnenglanze gehst und mir den Tag in deiner Grazie seegnest, Liebe! wenn sich dann, indeß wir so die Morgenwonne feiern, der Erde geschäfftig Leben, wie ein Opferbrand, vor unsern Augen entzündet, und wir nun hingehn, um auch unser Tagwerk, um von uns auch einen Theil in die steigende Flamme zu werfen, wirst du da nicht sagen, wir sind glüklich, wir sind wieder, wie die alten Priester der Natur, die heiligen und frohen, die schon fromm gewesen, eh' ein Tempel stand.

Hab' ich genug gesagt? entscheide nun mein Schiksaal, theures Mädchen, und bald! - Es ist ein Glük, daß ich noch halb ein Kranker bin, von der lezten Schlacht her, und daß ich noch aus meinem Dienste nicht entlassen bin; ich könnte sonst nicht bleiben, ich müßte selbst fort, müßte fragen, und das wäre nicht gut, das hieße dich bestürmen. -

Ach Diotima! bange thörichte Gedanken fallen mir aufs Herz und doch - ich kann es nicht denken, daß auch diese Hoffnung scheitern soll.

Bist du denn nicht zu groß geworden, um noch wiederzukehren zu dem Glük der Erde?

wallt und die lieblichen Zimmer, deine Schöpfung dir verschönt, und du in ihrem Sonnenglanze gehst und mir den Tag in deiner Grazie seegnest, Liebe! wenn sich dann, indeß wir so die Morgenwonne feiern, der Erde geschäfftig Leben, wie ein Opferbrand, vor unsern Augen entzündet, und wir nun hingehn, um auch unser Tagwerk, um von uns auch einen Theil in die steigende Flamme zu werfen, wirst du da nicht sagen, wir sind glüklich, wir sind wieder, wie die alten Priester der Natur, die heiligen und frohen, die schon fromm gewesen, eh’ ein Tempel stand.

Hab’ ich genug gesagt? entscheide nun mein Schiksaal, theures Mädchen, und bald! – Es ist ein Glük, daß ich noch halb ein Kranker bin, von der lezten Schlacht her, und daß ich noch aus meinem Dienste nicht entlassen bin; ich könnte sonst nicht bleiben, ich müßte selbst fort, müßte fragen, und das wäre nicht gut, das hieße dich bestürmen. –

Ach Diotima! bange thörichte Gedanken fallen mir aufs Herz und doch – ich kann es nicht denken, daß auch diese Hoffnung scheitern soll.

Bist du denn nicht zu groß geworden, um noch wiederzukehren zu dem Glük der Erde?

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[0077] wallt und die lieblichen Zimmer, deine Schöpfung dir verschönt, und du in ihrem Sonnenglanze gehst und mir den Tag in deiner Grazie seegnest, Liebe! wenn sich dann, indeß wir so die Morgenwonne feiern, der Erde geschäfftig Leben, wie ein Opferbrand, vor unsern Augen entzündet, und wir nun hingehn, um auch unser Tagwerk, um von uns auch einen Theil in die steigende Flamme zu werfen, wirst du da nicht sagen, wir sind glüklich, wir sind wieder, wie die alten Priester der Natur, die heiligen und frohen, die schon fromm gewesen, eh’ ein Tempel stand. Hab’ ich genug gesagt? entscheide nun mein Schiksaal, theures Mädchen, und bald! – Es ist ein Glük, daß ich noch halb ein Kranker bin, von der lezten Schlacht her, und daß ich noch aus meinem Dienste nicht entlassen bin; ich könnte sonst nicht bleiben, ich müßte selbst fort, müßte fragen, und das wäre nicht gut, das hieße dich bestürmen. – Ach Diotima! bange thörichte Gedanken fallen mir aufs Herz und doch – ich kann es nicht denken, daß auch diese Hoffnung scheitern soll. Bist du denn nicht zu groß geworden, um noch wiederzukehren zu dem Glük der Erde?

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion02_1799/77>, abgerufen am 01.05.2024.