Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.gen, den Augenblik darauf, nachdem er mit dem Wundarzt mich in einem Boote weggebracht. Die Russen hatten Feuer in das Türkische Schiff geworfen, und weil ihr eignes an dem andern festhieng, brannt' es mit auf. Wie diese fürchterliche Schlacht ein Ende nahm, ist dir bekannt. So straft ein Gift das andre, rief ich, da ich erfuhr, die Russen hätten die ganze Türkische Flotte verbrannt - so rotten die Tyrannen sich selbst aus. Hyperion an Bellarmin. Sechs Tage nach der Schlacht lag ich in einem peinlichen todähnlichen Schlaf. Mein Leben war, wie eine Nacht, von Schmerzen, wie von zükenden Blizen, unterbrochen. Das Erste, was ich wieder erkannte, war Alabanda. Er war, wie ich erfuhr, nicht einen Augenblik von mir gewichen, hatte fast allein mich bedient, mit unbegreiflicher Geschäftigkeit, mit tausend zärtlichen häuslichen Sorgen, woran er sonst im Leben nie gedacht, und man hatt' ihn auf den Knien vor meinem Bette rufen gehört: o lebe, mein Lieber! daß ich lebe! Es war ein glüklich Erwachen, Bellarmin! da mein Auge nun wieder dem Lichte sich gen, den Augenblik darauf, nachdem er mit dem Wundarzt mich in einem Boote weggebracht. Die Russen hatten Feuer in das Türkische Schiff geworfen, und weil ihr eignes an dem andern festhieng, brannt’ es mit auf. Wie diese fürchterliche Schlacht ein Ende nahm, ist dir bekannt. So straft ein Gift das andre, rief ich, da ich erfuhr, die Russen hätten die ganze Türkische Flotte verbrannt – so rotten die Tyrannen sich selbst aus. Hyperion an Bellarmin. Sechs Tage nach der Schlacht lag ich in einem peinlichen todähnlichen Schlaf. Mein Leben war, wie eine Nacht, von Schmerzen, wie von zükenden Blizen, unterbrochen. Das Erste, was ich wieder erkannte, war Alabanda. Er war, wie ich erfuhr, nicht einen Augenblik von mir gewichen, hatte fast allein mich bedient, mit unbegreiflicher Geschäftigkeit, mit tausend zärtlichen häuslichen Sorgen, woran er sonst im Leben nie gedacht, und man hatt’ ihn auf den Knien vor meinem Bette rufen gehört: o lebe, mein Lieber! daß ich lebe! Es war ein glüklich Erwachen, Bellarmin! da mein Auge nun wieder dem Lichte sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0061"/> gen, den Augenblik darauf, nachdem er mit dem Wundarzt mich in einem Boote weggebracht. Die Russen hatten Feuer in das Türkische Schiff geworfen, und weil ihr eignes an dem andern festhieng, brannt’ es mit auf.</p><lb/> <p>Wie diese fürchterliche Schlacht ein Ende nahm, ist dir bekannt. So straft ein Gift das andre, rief ich, da ich erfuhr, die Russen hätten die ganze Türkische Flotte verbrannt – so rotten die Tyrannen sich selbst aus.</p><lb/> </div><lb/> <div type="chapter" n="2"> <head><hi rendition="#g #k">Hyperion</hi> an <hi rendition="#g #k">Bellarmin</hi>.</head><lb/> <p>Sechs Tage nach der Schlacht lag ich in einem peinlichen todähnlichen Schlaf. Mein Leben war, wie eine Nacht, von Schmerzen, wie von zükenden Blizen, unterbrochen. Das Erste, was ich wieder erkannte, war Alabanda. Er war, wie ich erfuhr, nicht einen Augenblik von mir gewichen, hatte fast allein mich bedient, mit unbegreiflicher Geschäftigkeit, mit tausend zärtlichen häuslichen Sorgen, woran er sonst im Leben nie gedacht, und man hatt’ ihn auf den Knien vor meinem Bette rufen gehört: o lebe, mein Lieber! daß ich lebe!</p><lb/> <p>Es war ein glüklich Erwachen, Bellarmin! da mein Auge nun wieder dem Lichte sich </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
gen, den Augenblik darauf, nachdem er mit dem Wundarzt mich in einem Boote weggebracht. Die Russen hatten Feuer in das Türkische Schiff geworfen, und weil ihr eignes an dem andern festhieng, brannt’ es mit auf.
Wie diese fürchterliche Schlacht ein Ende nahm, ist dir bekannt. So straft ein Gift das andre, rief ich, da ich erfuhr, die Russen hätten die ganze Türkische Flotte verbrannt – so rotten die Tyrannen sich selbst aus.
Hyperion an Bellarmin.
Sechs Tage nach der Schlacht lag ich in einem peinlichen todähnlichen Schlaf. Mein Leben war, wie eine Nacht, von Schmerzen, wie von zükenden Blizen, unterbrochen. Das Erste, was ich wieder erkannte, war Alabanda. Er war, wie ich erfuhr, nicht einen Augenblik von mir gewichen, hatte fast allein mich bedient, mit unbegreiflicher Geschäftigkeit, mit tausend zärtlichen häuslichen Sorgen, woran er sonst im Leben nie gedacht, und man hatt’ ihn auf den Knien vor meinem Bette rufen gehört: o lebe, mein Lieber! daß ich lebe!
Es war ein glüklich Erwachen, Bellarmin! da mein Auge nun wieder dem Lichte sich
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