Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.worfen aus dem Garten der Natur, wo ich wuchs und blühte, und vertrokne an der Mittagssonne. O ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt, und wenn die Begeisterung hin ist, steht er da, wie ein misrathener Sohn, den der Vater aus dem Hause stiess, und betrachtet die ärmlichen Pfennige, die ihm das Mitleid auf den Weg gab. Hyperion an Bellarmin. Ich danke Dir, dass Du mich bittest, Dir von mir zu erzählen, dass Du die vorigen Zeiten mir in's Gedächtniss bringst. Das trieb mich auch nach Griechenland zurük, dass ich den Spielen meiner Jugend näher leben wollte. Wie der Arbeiter in den erquikenden Schlaf, sinkt oft mein angefochtenes Wesen in die Arme der unschuldigen Vergangenheit. Ruhe der Kindheit! himmlische Ruhe! wie oft steh' ich stille vor dir in liebender Betrachtung, und möchte dich denken! Aber wir haben ja nur Begriffe von dem, was einmal schlecht worfen aus dem Garten der Natur, wo ich wuchs und blühte, und vertrokne an der Mittagssonne. O ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt, und wenn die Begeisterung hin ist, steht er da, wie ein misrathener Sohn, den der Vater aus dem Hause stiess, und betrachtet die ärmlichen Pfennige, die ihm das Mitleid auf den Weg gab. Hyperion an Bellarmin. Ich danke Dir, dass Du mich bittest, Dir von mir zu erzählen, dass Du die vorigen Zeiten mir in’s Gedächtniss bringst. Das trieb mich auch nach Griechenland zurük, dass ich den Spielen meiner Jugend näher leben wollte. Wie der Arbeiter in den erquikenden Schlaf, sinkt oft mein angefochtenes Wesen in die Arme der unschuldigen Vergangenheit. Ruhe der Kindheit! himmlische Ruhe! wie oft steh’ ich stille vor dir in liebender Betrachtung, und möchte dich denken! Aber wir haben ja nur Begriffe von dem, was einmal schlecht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0018"/> worfen aus dem Garten der Natur, wo ich wuchs und blühte, und vertrokne an der Mittagssonne.</p><lb/> <p>O ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt, und wenn die Begeisterung hin ist, steht er da, wie ein misrathener Sohn, den der Vater aus dem Hause stiess, und betrachtet die ärmlichen Pfennige, die ihm das Mitleid auf den Weg gab.</p><lb/> </div><lb/><lb/> <div type="chapter" n="2"> <head><hi rendition="#g #k">Hyperion</hi> an <hi rendition="#g #k">Bellarmin</hi>.</head><lb/> <p>Ich danke Dir, dass Du mich bittest, Dir von mir zu erzählen, dass Du die vorigen Zeiten mir in’s Gedächtniss bringst.</p><lb/> <p>Das trieb mich auch nach Griechenland zurük, dass ich den Spielen meiner Jugend näher leben wollte.</p><lb/> <p>Wie der Arbeiter in den erquikenden Schlaf, sinkt oft mein angefochtenes Wesen in die Arme der unschuldigen Vergangenheit.</p><lb/> <p>Ruhe der Kindheit! himmlische Ruhe! wie oft steh’ ich stille vor dir in liebender Betrachtung, und möchte dich denken! Aber wir haben ja nur Begriffe von dem, was einmal schlecht </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
worfen aus dem Garten der Natur, wo ich wuchs und blühte, und vertrokne an der Mittagssonne.
O ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt, ein Bettler, wenn er nachdenkt, und wenn die Begeisterung hin ist, steht er da, wie ein misrathener Sohn, den der Vater aus dem Hause stiess, und betrachtet die ärmlichen Pfennige, die ihm das Mitleid auf den Weg gab.
Hyperion an Bellarmin.
Ich danke Dir, dass Du mich bittest, Dir von mir zu erzählen, dass Du die vorigen Zeiten mir in’s Gedächtniss bringst.
Das trieb mich auch nach Griechenland zurük, dass ich den Spielen meiner Jugend näher leben wollte.
Wie der Arbeiter in den erquikenden Schlaf, sinkt oft mein angefochtenes Wesen in die Arme der unschuldigen Vergangenheit.
Ruhe der Kindheit! himmlische Ruhe! wie oft steh’ ich stille vor dir in liebender Betrachtung, und möchte dich denken! Aber wir haben ja nur Begriffe von dem, was einmal schlecht
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