Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.und beede gestanden herzlich in allem Thun und Lassen, dass Diotima die Königin des Hauses war. Ach! es war alles geheiliget, verschönert durch ihre Gegenwart. Wohin ich sah, was ich berührte, ihr Fussteppich, ihr Polster, ihr Tischchen, alles war in geheimem Bunde mit ihr. Und da sie zum erstenmale mit Namen mich rief, da sie selbst so nahe mir kam, dass ihr unschuldiger Othem mein lauschend Wesen berührte! - Wir sprachen sehr wenig zusammen. Man schämt sich seiner Sprache. Zum Tone möchte man werden und sich vereinen in Einen Himmelsgesang. Wovon auch sollten wir sprechen? Wir sahn nur uns. Von uns zu sprechen, scheuten wir uns. Vom Leben der Erde sprachen wir endlich. So feurig und kindlich ist ihr noch keine Hymne gesungen worden. Es that uns wohl, den Ueberfluss unsers Herzens der guten Mutter in den Schoos zu streuen. Wir fühlten uns dadurch erleichtert, wie die Bäume, wenn ihnen der Sommerwind und beede gestanden herzlich in allem Thun und Lassen, dass Diotima die Königin des Hauses war. Ach! es war alles geheiliget, verschönert durch ihre Gegenwart. Wohin ich sah, was ich berührte, ihr Fussteppich, ihr Polster, ihr Tischchen, alles war in geheimem Bunde mit ihr. Und da sie zum erstenmale mit Namen mich rief, da sie selbst so nahe mir kam, dass ihr unschuldiger Othem mein lauschend Wesen berührte! – Wir sprachen sehr wenig zusammen. Man schämt sich seiner Sprache. Zum Tone möchte man werden und sich vereinen in Einen Himmelsgesang. Wovon auch sollten wir sprechen? Wir sahn nur uns. Von uns zu sprechen, scheuten wir uns. Vom Leben der Erde sprachen wir endlich. So feurig und kindlich ist ihr noch keine Hymne gesungen worden. Es that uns wohl, den Ueberfluss unsers Herzens der guten Mutter in den Schoos zu streuen. Wir fühlten uns dadurch erleichtert, wie die Bäume, wenn ihnen der Sommerwind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0101"/> und beede gestanden herzlich in allem Thun und Lassen, dass Diotima die Königin des Hauses war.</p><lb/> <p>Ach! es war alles geheiliget, verschönert durch ihre Gegenwart. Wohin ich sah, was ich berührte, ihr Fussteppich, ihr Polster, ihr Tischchen, alles war in geheimem Bunde mit ihr. Und da sie zum erstenmale mit Namen mich rief, da sie selbst so nahe mir kam, dass ihr unschuldiger Othem mein lauschend Wesen berührte! –</p><lb/> <p>Wir sprachen sehr wenig zusammen. Man schämt sich seiner Sprache. Zum Tone möchte man werden und sich vereinen in Einen Himmelsgesang.</p><lb/> <p>Wovon auch sollten wir sprechen? Wir sahn nur uns. Von uns zu sprechen, scheuten wir uns.</p><lb/> <p>Vom Leben der Erde sprachen wir endlich.</p><lb/> <p>So feurig und kindlich ist ihr noch keine Hymne gesungen worden.</p><lb/> <p>Es that uns wohl, den Ueberfluss unsers Herzens der guten Mutter in den Schoos zu streuen. Wir fühlten uns dadurch erleichtert, wie die Bäume, wenn ihnen der Sommerwind </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
und beede gestanden herzlich in allem Thun und Lassen, dass Diotima die Königin des Hauses war.
Ach! es war alles geheiliget, verschönert durch ihre Gegenwart. Wohin ich sah, was ich berührte, ihr Fussteppich, ihr Polster, ihr Tischchen, alles war in geheimem Bunde mit ihr. Und da sie zum erstenmale mit Namen mich rief, da sie selbst so nahe mir kam, dass ihr unschuldiger Othem mein lauschend Wesen berührte! –
Wir sprachen sehr wenig zusammen. Man schämt sich seiner Sprache. Zum Tone möchte man werden und sich vereinen in Einen Himmelsgesang.
Wovon auch sollten wir sprechen? Wir sahn nur uns. Von uns zu sprechen, scheuten wir uns.
Vom Leben der Erde sprachen wir endlich.
So feurig und kindlich ist ihr noch keine Hymne gesungen worden.
Es that uns wohl, den Ueberfluss unsers Herzens der guten Mutter in den Schoos zu streuen. Wir fühlten uns dadurch erleichtert, wie die Bäume, wenn ihnen der Sommerwind
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